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Boom der Solarkraftzwerge

Steckersolargeräte sind auf hiesigen Balkonen angesagt, das ist auch dem Schukostecker zu verdanken. Ein paar Dinge sollte man bei der Installation aber beachten

Von Bernward Janzing

Sie sind keine Exoten mehr: Bis zu 190.000 Steckersolargeräte seien bis Ende 2021 in Deutschland verkauft worden, rechnet die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin vor. Gesamtleistung: rund 60 Megawatt. „Sehr dynamisch“ sei der Markt, schreibt die HTW in einer Studie; Anbieter, die befragt wurden, hätten ihren Absatz im Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt.

Was anfangs noch – weil ziemlich subversiv – den Namen „Guerilla-Photovoltaik“ trug, ist heute unter dem Namen Balkon-Solar etabliert. Dabei handelt es sich um Solarmodule, die einen Wechselrichter integriert haben und somit den Strom in jede Steckdose einspeisen können. So wird die Nutzung von eigenem Solarstrom auch für Mieter möglich, denn beim Auszug lässt sich das Modul einfach wieder mitnehmen. Bereits in den 2000er Jahren wurden solche Kleinanlagen in Österreich als „Solarkraftzwerge“ propagiert.

Natürlich gibt es ein paar Dinge, die man wissen muss, wenn man in das Metier einsteigt. Lange umstritten war die Art des Steckers. Der VDE setzt noch auf einen speziellen Stecker („Wieland-Stecker“) und somit den Austausch der Dose, doch nach den Erhebungen der HTW hat sich der Schukostecker mit rund 75 Prozent Marktanteil als Standardvariante durchgesetzt – weil er die einfachste und billigste Lösung ist. Auch die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie empfiehlt diese.

Risiken birgt auch der Schukostecker offenbar nicht. Bisher sei kein einziger Fall von Sachschäden oder verletzten Personen bekannt geworden, heißt es bei der Verbraucherzentrale. Das liege daran, dass „die verwendete Technik ausgereift“ sei und man die gleichen Komponenten nutze, die auch in professionell installierten Photovoltaikanlagen stecken.

Die Leistung von Balkon-Solar ist auf 600 Watt pro Stromkreis begrenzt. Das können dann bis zu zwei Standard-Solarmodule im Format von etwa 1 Meter mal 1,70 Meter ein. Da sich die 600-Watt-Grenze auf die Anschlussleistung des Wechselrichters bezieht, können zum Beispiel auch zwei Module mit je 340 Watt betrieben werden, wenn die Wechselrichter entsprechend limitiert sind.

Üblicherweise sind die Module nur zur Eigenversorgung der Wohnung gedacht, nicht zur Einspeisung ins Netz. Da allerdings in Zeiten, wenn der Strom nicht vollständig abgenommen wird, eine Rückspeisung stattfindet, müssen die Zähler entsprechend konzipiert sein. Ein alter Ferraris-Zähler ohne Rücklaufsperre ist nicht erlaubt, doch dieses Thema verliert ohnehin an Relevanz, weil immer mehr elektronische Zähler verbaut werden. Hat man einen Zähler, der nur den Verbrauch misst, ist dieser zulässig, dann verschenkt man die möglicherweise eingespeisten wenigen Kilowattstunden an den Netzbetreiber. Das kann aber günstiger sein, als die Einspeisung mit einem zusätzlichen Zähler zu messen und abzurechnen.

Anschließen können Privatpersonen die Module selbst. Aber sie müssen diese beim Netzbetreiber anmelden und im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur regis­trieren. Das wurde oft schon als unsinnig kritisiert. Schließlich muss auch niemand ein Verbrauchsgerät gleicher Leistungsklasse anmelden. Wegen des bürokratischen Aufwands werden wohl auch viele Anlagen ohne Anmeldung betrieben. „Anmeldungen beim Netzbetreiber oder der Bundesnetzagentur sind auf jeden Fall kein guter Indikator für die Anzahl der bestehenden Anlagen“, sagt Sebastian Müller, der im vergangenen Jahr in Freiburg den Verein Balkon.Solar gegründet hat.

Die Module sind zur Eigenversorgung gedacht, nicht zur Einspeisung ins Netz

Der Verein weiß auch, was es sonst noch zu beachten gilt. So sollten aus Gründen der Sicherheit in jedem Fall die Sicherungen im betreffenden Stromkreis eine Stufe kleiner dimensioniert werden: „Wenn ein Elektriker den Anschluss vornimmt, ersetzt er die 16 Ampere durch 12 Ampere“, sagt Müller. Das sei auch bei Anschluss der Anlage in Eigenregie unbedingt ratsam.

Auch in diesem Marktsegment kommt langsam das Thema Speicher auf. „Es gibt ein Komplettsystem eines Herstellers mit Batterie“, sagt Carsten Körnig, Geschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW). Vereinzelt würden auch Batterien angeboten, die mit Steckersolargeräten kombinierbar sind. Ob solche Speicher wirtschaftlich vertretbar und technisch praktikabel sind, müsse sich allerdings noch zeigen, heißt es unterdessen beim Verein Balkon.Solar. Denn die Anlagen sollen ja eigentlich nur Solarstrom für die direkte Nutzung erzeugen und so den Bezug von Strom aus dem Netz reduzieren.

Auch die Balkon-Module sind zuletzt deutlich teurer geworden: etwa um 30 bis 50 Prozent, verglichen mit den Zeiten vor dem Ukrainekrieg. Die Preise lägen heute je nach Leistung und Zubehör, wie Montageelementen, zwischen 500 und 1.200 Euro je Modul, berichtet der BSW. Aber immer häufiger gäben Kommunen Zuschüsse bei der Anschaffung.

Ein Standardmodul mit 380 Watt, das verschattungsfrei an einem Südbalkon montiert wird, liefere etwa 280 Kilowattstunden Strom pro Jahr, rechnet unterdessen die Verbraucherzentrale vor. Kann man diesen Strom komplett nutzen, um Netzstrom zu ersetzen, rechnet sich die Anlage in weniger als zehn Jahren – umso schneller natürlich, je teurer der Netzstrom wird.

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