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Warme Worte zum Gesetz

Bundesfinanzminister Christian Lindner verteidigt im Bundestag den geplanten Inflationsausgleich, die Linke wettert dagegen

Den Abbau der kalten Progression will Lindner schon seit einiger Zeit voranbringen Foto: Kay Nietfeld/dpa

Von Jasmin Kalarickal

Christian Lindner sorgt sich. „Unser Land ächzt unter galoppierenden Preisen“, sagte der FDP-Vorsitzende am Donnerstagvormittag im Bundestag. Das sei keine statistische Größe, sondern betreffe den Alltag vieler Menschen. „Die Sorge um die Nebenkostenabrechnung, die Sorge, ob die Wohnung warm ist, die Sorge, ob am Ende des Monats Geld dafür da ist, den Kühlschrank zu füllen“, zählte er auf. Es sind erstaunlich warme Worte des Bundesfinanzministers, der sich an anderer Stelle auch mal über „Gratismentalität“ echauffiert hatte – aber da ging es noch um die Nachfolge des 9-Euro-Tickets.

Am Donnerstag hingegen wurde im Plenum ein Entwurf des Inflationsausgleichsgesetzes debattiert – und dieses Gesetz hat Lindner als Finanzminister maßgeblich vorangetrieben. Es ist Teil des dritten Entlastungspakets. „Die Inflation ist eine Bedrohung für Wohlstand, soziale Sicherheit und die Stabilität unseres Landes“, sagte Lindner.

Mit dem geplanten Gesetz soll unter anderem das Kindergeld erhöht und der Kinderfreibetrag angehoben werden. Doch vor allem geht es um den Abbau der kalten Progression. Damit soll verhindert werden, dass Menschen mit steigenden Löhnen in einen höheren Steuertarif rutschen, obwohl sie aufgrund der Inflation nicht mehr Geld zur Verfügung haben.

48 Millionen Menschen würden davon profitieren. Lindner gab auch ein Beispiel: Eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern mit einem Jahreseinkommen von 56.000 Euro würde um 680 Euro entlastet. Ab einem Einkommen von 61.972 Euro bleibt der Entlastungsbetrag gedeckelt, Superreiche können nicht zusätzlich profitieren.

Eigentlich ist der Abbau der kalten Progression keine neue Erfindung. Auch Olaf Scholz hat das als Finanzminister in der Großen Koalition bereits zweimal getan – allerdings wurden damals auch die Superreichen mit entlastet.

Lindner appellierte ausdrücklich an die Länder, sich an den Kosten zu beteiligen – diese hatten in den vergangenen Tagen kritisiert, dass sie ohne Absprache einen großen Teil des dritten Entlastungspaket finanziell stemmen sollen.

Zudem gab es in der öffentlichen Diskussion schon im Vorfeld unterschiedliche Auffassungen dazu, wem der Abbau der kalten Progression tatsächlich zugute kommt. Prozentual profitieren davon kleine und mittlere Einkommen am meisten, in absoluten Zahlen aber steigt die Entlastung mit der Höhe der Einkommen. Gleichzeitig ist es ein teures Vorhaben: Das Inflationsausgleichsgesetz bedeutet für den Staat 2023 voraussichtlich Mindereinnahmen von 12,2 Milliarden Euro, 2024 werden es knapp 18 Milliarden.

Von Mathias Middelberg, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, gab es ein vergiftetes Lob. Das Inflationsausgleichsgesetz sei „ein guter Baustein“, aber auch eine Selbstverständlichkeit. Der Staat habe durch die Inflation rund 50 Milliarden Euro an Mehreinnahmen, fast die Hälfte entfielen dabei auf den Bund. Das sei eine „Rückgabe von Übergewinnen“.

Ganz anders bewertete es hingegen Andreas Audretsch von den Grünen. Der Abbau der kalten Progression sei „jetzt in der Krise das falsche Instrument“. Denn es entlaste „die Reichsten“. Dennoch würden die Grünen es mittragen, weil ärmere Haushalte durch andere Maßnahmen im Entlastungspaket entlastet würden. Das klang nach Zustimmung mit Zähneknirschen.

Christian Görke, Sprecher für Finanzpolitik der Linksfraktion, musste sich in seiner Kritik weniger zurückhalten: Mit dem Gesetz gäbe es 479 Euro für den DAX-Manager, 150 Euro für die Kassiererin und die Friseurin in Teilzeit werde gar nicht entlastet.