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Archiv-Artikel

Dreikampf in Kreuzberg

Der unbekannte SPD-Mann Ahmet Iyidirli will Christian Ströbele das Direktmandat abjagen und die PDS-Kandidatin Reinauer abhängen. Votum der Türkischstämmigen könnte wahlentscheidend sein

VON MATTHIAS LOHRE

Ausgerechnet ein weithin unbekannter Konkurrent könnte Christian Ströbele in den kommenden Monaten das Leben schwer machen. Mit dem türkischstämmigen Ahmet Iyidirli schickt die SPD einen Politiker ins Rennen um das Bundestagsdirektmandat in Friedrichshain-Kreuzberg, der aus dem Zweikampf zwischen der PDS-Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer und dem Grünen-Urgestein einen Dreikampf macht.

Nach einer heftigen Debatte setzte sich Iyidirli am Donnerstagabend schon im ersten Wahlgang mit 53 Prozent gegen drei innerparteiliche MitbewerberInnen durch. Dabei unterlag auch Kreischef Mark Rackles, der Sprecher der Berliner Linken in der SPD. Der gab sich als guter Verlierer: „Wir hoffen natürlich, dass wir mit der Entscheidung für Iyidirli auch das Wahlpotenzial der Türkischstämmigen nutzen können.“

Rund 10.000 türkischstämmige Wahlberechtigte gibt es im Wahlkreis „Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost“. Ihr Votum könnte wahlentscheidend werden. Zum Vergleich: Mit rund 49.000 Stimmen entschied Christian Ströbele im Jahr 2002 das Rennen für sich.

Ströbele lässt sich nur wenig über seinen Konkurrenten entlocken. Ahmet Iyidirli habe er nur einmal getroffen. „Da haben wir uns freundlich gegrüßt.“ Doch auch dem Grünen ist klar, wie schwierig es für ihn wird, da die drei aussichtsreichsten KandidatInnen alle ein Thema stark besetzen werden: die Migrationspolitik. „Ich vermute, da gibt es bei uns allen geringe bis keine Unterschiede“, sagt Ströbele. Auch die Dritte im Bunde, Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer (PDS), gibt zu: „Unsere Zielstellungen sind ähnlich.“

Bislang ist Iyidirli vor allem als Bundesvorsitzender der türkischen Sozialdemokraten (HDF) in Erscheinung getreten. Zudem hat der 49-Jährige als Sozialarbeiter, Mieterberater und in der politischen Bildung gearbeitet. In Berlin lebt Iyidirli seit 1975. Damals zog er zum Volkswirtschaftsstudium aus der türkischen Industriestadt Eskesehir an die Spree.

Als Repräsentant einer ethnischen Gruppe will sich Iyidirli nicht verstanden wissen: „Ich bin nicht der Kandidat der Türken oder Migranten, sondern der Berlinerinnen und Berliner“, sagt er. „Den Migranten in der SPD geht es nicht nur um Integrations- und Migrationsfragen. Wir haben auch viele kompetente Umwelt- oder Wirtschaftspolitiker.“

Seine Wahlchancen schätzt der SPD-Mann durchaus hoch ein. Immerhin erhielten die Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl 2002 im Bezirk die meisten Zweitstimmen. „Jetzt müssen wir unsere Stammwähler mobilisieren, damit sie auch mit der Erststimme SPD wählen.“

Das könnte klappen. Vor drei Jahren zog Christian Ströbele mit 31,6 Prozent der Erststimmen in den Bundestag ein – nur 2,5 Prozent vor dem mittlerweile verstorbenen SPD-Kandidaten Andreas Matthae. Die PDS-Kandidatin Bärbel Grygier musste sich damals mit 21,4 Prozent geschlagen geben.