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Warlord Adam darf sich sicher fühlen

Der Strafgerichtshof sucht den Zentralafrikaner Noureddine Adam – aber er genießt Exil in Sudan

Von Oman Mbiko (Bangui) und Dominic Johnson

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag (ICC) hat gegen einen der mächtigsten Warlords der Zentralafrikanischen Republik Haftbefehl erlassen – aber es ist keineswegs sicher, dass er je vollstreckt wird. Denn der ehemalige Rebellenkommandant Noureddine Adam lebt in Sudan.

Sudan zählt selbst einige mit Haftbefehl gesuchte Kriegsverbrecher, die es noch immer nicht an das ICC ausgeliefert hat: Ex-Präsident Omar Hassan al-Bashir, der 2019 gestürzt wurde und dem Völkermord in der Bürgerkriegsregion Darfur vorgeworfen wird; Abdel Raheem Muhammad Hussein, ehemaliger Innen- und Verteidigungsminister unter Bashir; und Ahmed Haroun, der in Darfur die gefürchteten Janjaweed-Milizen aufgestellt haben soll.

Sudans Übergangsregierung hat versprochen, die drei an den Strafgerichtshof zu übergeben, aber bislang ist aus diesem Versprechen nichts geworden. Daher bezweifelt Lewis Mudge, Zentralafrika-Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, dass Noureddine Adam in Sudan verhaftet wird.

Sudan, sagt Mudge, sollte dem Beispiel des Nachbarlandes Tschad folgen, das im März Maxime Mokom an den IStGH auslieferte, einen der Führer der extremistischen christlichen Milizenallianz „Anti-Balaka“ in der Zentralafrikanischen Republik.

Noureddine Adam war ein Führer der islamischen Rebellenallianz Seleka, die im März 2013 die zentralafrikanische Hauptstadt Bangui eroberte und mehrere Monate lang regierte, bis Anti-Balaka-Angriffe zu verbreiteter Gewalt führten. Bei Friedensgesprächen in Tschad gab Seleka-Staatspräsident Michel Djotodia im Januar 2014 die Macht an eine Übergangsregierung ab, die Wahlen organisierte, aus denen der bis heute regierende Faustin Touadéra als Sieger hervorging. Die Seleka-Rebellen flohen aus Bangui, einige kämpfen bis heute im Nordosten des Landes weiter. Viele ihrer Führer gingen ins Exil.

Noureddine Adam gehörte zu den ersten Rebellen, die im März 2013 in Bangui einrückten. Er wurde Minister für Sicherheit und dann oberster nationaler Sicherheitsberater und führte mehrere Sicherheitsbehörden.

Der ICC-Haftbefehl bezeichnet Adam als den eigentlich mächtigsten Mann der Seleka-Regierung, mehr noch als Präsident Djotodia. Er habe als Leiter erst der Spezialpolizei OCRB (Zentralbüro zur Unterdrückung des Banditentums) und dann der Geheimdienstbehörde ­Cedad (Sonderkomitee zur Verteidigung der demokratischen Errungenschaften) Verhaftungen und Folter verantwortet und damit „Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Rahmen eines ausgedehnten und systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung“ verübt.

Ausgestellt wurde der Haftbefehl bereits am 7. Januar 2019, aber er blieb vertraulich bis zu seiner teilgeschwärzten Veröffentlichung am 28. Juli dieses Jahres. Adams unmittelbarer Untergebener beim OCRB, Mahamat Said Abdel Kani, sitzt bereits in Den Haag in Haft. Sein Prozess soll im September beginnen.

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