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„Ich wollte die große Bandbreite der Filme von Gus Van Sant vorstellen“

Dem Begründer des New Queer Cinema widmet Kampnagel eine Retrospektive

Foto: Probst/Kampnagel

Corinna Humuza

Jahrgang 1984, Geografin mit Schwerpunkt auf feministischer und postkolonialer Theorie, ist Kuratorin und Dramaturgin des Sommerfestivals auf Kampnagel.

Interview Wilfried Hippen

taz: Frau Humuza, im Rahmen des internationalen Sommerfestivals wird auf Kampnagel das Theaterstück „Trouble“ von Gus Van Sant aufgeführt, und im Rahmenprogramm zeigen Sie vier Filme des Regisseurs. War „Trouble“ nicht auch ursprünglich ein Filmprojekt?

Corinna Humuza: Es geht in dem Stück um Andy Warhol, und Gus Van Sant hatte schon Anfang der 1990er-Jahre über ein Filmprojekt zu ihm nachgedacht. Der Hauptdarsteller sollte River Phoenix sein, aber der ja dann leider ziemlich jung verstorben ist. Danach hat Van Sant den Stoff erst einmal beiseite gelegt und jetzt, 30 Jahre später, noch mal eine Chance gesehen, die Geschichte ganz anders zu erzählen.

Ein thematisch verwandter Film im Programm ist „Last Days“ aus dem Jahr 2005, in dem von Kurt Cobain, einer anderen Pop-Ikone, erzählt wird …

Ja, und Van Sant arbeitet darin auch mit einer nonlinearen Erzählweise. Er hat sich von den letzten Tagen im Leben von Kurt Cobain inspirieren lassen. Aber er hat gesagt, dass es ihn gar nicht interessiert hat, ob die Erzählungen darüber wahr sind, weil er die Figur des entrückten Menschen und seiner Romantisierung spannender findet.

Ist er bei „Trouble“ ähnlich vorgegangen?

Ich glaube, es ist der Mythos, der gar nicht richtig greifbar ist, der ihn auch an Andy Warhol interessiert hat.

Bei einem Programm mit vier Filmen kann man ja gerade schon von einer kuratorischen Arbeit sprechen. Warum haben Sie gerade diese Filme ausgewählt?

Ich wollte die große Bandbreite der Filme von Gus Van Sant vorstellen. „My Own Private Idaho“ war sein erster kommerziell erfolgreicher Film, und er gilt auch als der Beginn des New Queer Cinema. Durch „Milk“, der zwei Oscars gewonnen hat, wurde er auch einem breiteren Publikum bekannt.

Darin wird von dem schwulen Politiker und Bürgerrechtler Harvey Milk erzählt.

Ja, es gibt im Programm eine Konzentration auf das queere Kino, für das man Gus Van Sant feiert.

Filmreihe „Gus Van Sant: „My Own Private Idaho“ 22. 8., 20 Uhr; „Milk“ 23. 8., 20 Uhr; „Last Days“, 24. 8., 22 Uhr, und „Gucci Presents“, 27. 8., 22 Uhr, Alabama KinoTheaterstück „Trouble“: 24.–27. 8., täglich, jeweils 20.15 Uhr, Kampnagel

Sein viertes Werk in Programm „Gucci Presents: Ouverture Of Something That Never Ended“ ist kein Film, sondern eine siebenteilige Miniserie, in der das Modehaus Gucci seine Kollektion des Jahres 2020 präsentiert. Was hat Sie daran interessiert?

Bei Mode-Labeln ist es ja inzwischen etabliert, Filme zu produzieren und dabei mit Künst­le­r*in­nen zu arbeiten. Das Besondere an dieser Arbeit ist, dass hier nicht wie bei anderen Modemarken große Popstars wie Beyoncé inszeniert werden. Statt dessen hat Gus Van Sant mit queeren Ikonen aus verschiedenen Generationen zusammengearbeitet.

Gus Van Sant ist auch nicht für seinen Sinn für Mode oder seinen glamourösen Stil bekannt.

Nein, aber wenn Gucci queere Persönlichkeiten vor der Kamera präsentiert, ergibt es Sinn, als Regisseur auch jemanden zu nehmen, der für das queere Cinema steht. Aber diese Arbeit ist auch deshalb für uns interessant, weil Gus Van Sant darin mit Per­for­mance­künst­le­r*in­nen zusammengearbeitet hat, mit denen auch Kampnagel verbunden ist. Der Philosoph Paul Preciado, die italienische Performerin Silvia Calderoni und die Choreografin Sasha Waltz waren schon auf Kampnagel zu Gast.

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