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Neuanfang allein hilft auch nicht

Hertha verliert im Stadtduell klar mit 1:3 gegen Union und verpatzt damit nach dem Pokal-Aus vor einer Woche den Saisonstart

Ob Hertha in dieser Saison noch mal auf die Beine kommen wird? Foto: imago

Von Stefan Alberti

Den Abstieg gerade noch vermieden, einen so ganz anderen Präsidenten gewählt, einen neuen Trainer installiert – jetzt würde, könnte, ja müsste es doch mal besser werden bei Fußball-Bundesligist Hertha BSC! Das war zumindest die Hoffnung vor dem Saisonauftakt, der zugleich ein prestigeträchtiges Stadtduell gegen Union war.

Dreimal in Folge hatte Hertha diese Derby genannte Paarung verloren, da müsste doch nun … Doch bei solchen Spielen ist es wie beim Roulette: Auf den Ausgang hat es null Einfluss, wie das Ergebnis beim vorigen Mal war, auch wenn die Kugel schon 10- oder 20-mal auf Rot liegen geblieben ist. Deshalb konnte auch falsch verstandene Wahrscheinlichkeitsrechnung am Samstagnachmittag nicht verhindern, dass aus dem Hertha Sieg nichts wurde und Union 3:1 gewann.

Aber es ist nicht die Niederlage allein, die Hertha nun viel zu denken geben wird. Vielmehr dürfte die Art und Weise für Diskussionen sorgen. „Union demontiert Hertha erneut“, beschrieb es die dpa. Der Fehlstart in die neue Saison sei nun perfekt – vor einer Woche war Hertha schon aus dem DFB-Pokal ausgeschieden, und das gegen Zweitliga-Schlusslicht Braunschweig. „Wir waren heute nicht da“, kommentierte Hertha-Torwart Oliver Christensen das Spiel seiner Mannschaft. Das galt vor allem für die zehn Minuten gleich nach Beginn der zweiten Halbzeit: Union, seit der 32. Minute führend, packte in der 50. und 54. Minute noch zwei Tore drauf und war nie in Gefahr, diesen Vorsprung zu verlieren. Das 1:3 aus Hertha-Sicht fünf Minuten vor Spielende kam eher überraschend und war nichts mehr als Ergebniskosmetik.

Die Fans gingen überraschend gnädig mit ihrem Team um, nach dem Abpfiff im Stadion an der Alten Försterei wurden sogar freundliche Gesänge und aufmunternde Rufe vernommen. Nach der jüngsten Niederlage gegen Union im April im Olympiastadion hatten Fans in der Ostkurve noch von den Spielern gefordert, ihre Trikots auszuziehen: Die Verlierer hatten es aus ihrer Sicht nicht verdient, Herthas Farben weiter zu tragen. Die Chancen, den verpatzten Saisonstart noch zu verbessern, sind bescheiden: Denn Gegner im ersten Heimspiel am nächsten Samstag ist Eintracht Frankfurt. Deren Spieler gingen zum Liga-Auftakt zwar ebenfalls unter, nämlich mit 1:6 gegen den FC Bayern, haben aber vor weniger als drei Monaten noch das Finale der Europa-League gewonnen.

Es ist nicht die Niederlage allein, die Hertha viel zu denken geben wird

Wie das mit dem Siegen geht, beschrieb Union-Kapitän Christoph Trimmel so: „Wir haben‘s einfach gut gespielt“, erzählte er Journalisten nach dem Spiel. „Wenn du den Matchplan des Trainerteams perfekt umsetzt, dann gewinnst du solche Spiele.“ Die Trainer hatte auch Hertha dabei, in Person von Sandro Schwarz sogar einen neuen Cheftrainer. Aber Trimmel hatte ja auch noch was von „perfekt umsetzen“ als Erfolgsvoraussetzung gesagt.

Mulmig dürfte Hertha werden, falls man dort über einen weiteren Satz von Trimmel nachdenkt: „Das Ziel ist der Klassenerhalt“, und den ersten Schritt habe man nun getan. Wenn Union sich selbst richtig einordnet und trotz der überzeugenden Leistung vom Samstag (und trotz Platz 5 in der vergangenen Saison) tatsächlich bloß in der unteren Tabellenhälfte der Liga zu Hause sein sollte, dürfte es für Hertha in dieser Saison sehr schwer werden, den Abstieg zu vermeiden.

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