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Russen sterben auf AKW-Gelände

Tödlicher Vorfall im russisch besetzten AKW Saporischschja in der Ukraine gibt Rätsel auf

Aus Kiew Bernhard Clasen

Im südukrainischen AKW Saporischja, Europas größtem Atomkraftwerk, das derzeit von russischen Truppen besetzt ist, ist es offensichtlich zu einem Vorfall gekommen, bei dem mehrere russische Soldaten ihr Leben verloren. Dies berichtet der Bürgermeister von Energodar, Dmitro Orlow, auf Telegram. Der Vorfall, so der Bürgermeister des Ortes, in dem das AKW angesiedelt ist, habe bewirkt, dass „die Russen nun etwas weniger handgreiflich geworden sind“. Die Erklärung des Bürgermeisters klingt beunruhigend, auch weil erkennbar ist, dass der Mann offensichtlich mehr weiß, als er schreibt.

Am Montagnachmittag, so der Bürgermeister, seien „neun Militärterroristen“ mit unterschiedlich schweren Verletzungen in das städtische Krankenhaus von Energodar eingeliefert worden. Einige würden ambulant behandelt, andere stationär aufgenommen. Einer liege in ernstem Zustand auf der Intensivstation. „Es gibt auch einige Tote, aber wir können ihre genaue Zahl noch nicht nennen.“

Man wolle auch nicht darüber spekulieren, was die Ursache für die „Ausdünnung“ der Reihen der russischen Okkupanten der Einrichtung sei, die sie angeblich sorgfältig „bewachen“, so der Bürgermeister. Jedenfalls seien die russischen Militärs so verängstigt gewesen, dass sie in Panik auf dem Betriebsgelände herumgelaufen seien und zwei Schichten des Betriebspersonals eine gewisse Zeit am Betreten des Geländes hinderten.

„Die Besatzer suchen weiterhin nach Feinden“, so Orlow weiter. „Und vielleicht wird ihnen allmählich klar, dass der zynische Beschuss benachbarter Siedlungen vom Gebiet des Kernkraftwerks für sie Folgen haben wird.“

Raketen, Artillerie, Streubomben

Die russischen Streitkräfte haben ukrainischen Angaben zufolge in der Nacht zu Dienstag weiter Städte in der Ukraine bombardiert. Mehr als 150 Bomben und Granaten seien auf die Region Sumy abgefeuert worden, schreibt Dmytro Schywytzki, Leiter der Militärverwaltung der Region: „Sie feuerten Mörser, Kanonen- und Raketenartillerie ab. Die Russen eröffneten auch das Feuer mit Maschinengewehren und Granatwerfern.“ Die Stadt Mykolajiw stehe unter Beschuss mit Streugeschossen. In Odessa seien bei einem Raketenangriff Häuser niedergebrannt. Im Zentrum der ostukrainischen Stadt Kramatorsk starb mindestens ein Mensch, als eine russische Rakete zwischen Wohngebäuden einschlug.

Das ukrainische Militär hat derweil nach eigenen Angaben den russischen Vormarsch im Donbass in Richtung Kramatorsk und Slowjansk abgewehrt. Nach mehrtägigen Angriffen seien die russischen Truppen bei Awdijiwka nahe Donezk zurückgedrängt worden.

In der Hauptstadt Kiew stimmte das ukrainische Parlament am Dienstag für die Entlassung des Inlandsgeheimdienstchefs und der Generalstaatsanwältin. Präsident Wolo­dimir Selenski hatte Iwan Bakanow und Iryna ­Wenediktowa am Sonntagabend sus­pendiert. (afp, rtr, dpa)

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