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„Ich wollte einen Soundtrack des Lebens einer bestimmten Generation hörbar machen“

Ela Meyer liest in Flensburg aus ihrem Roman „Es war schon immer ziemlich kalt“

Ela Meyer

Jahrgang 1973, aufgewachsen in Friesland, lebt in Katalonien.

Interview Frauke Hamann

taz: Frau Meyer, das Trio Insa, Hannes und Nico verbindet die Herkunft aus einem Dorf in Friesland. „Nu geiht dat los.“ So fängt denn auch ihr Roadtrip an. Auslöser der langen Autofahrt von Hamburg nach Barcelona ist eine Konfrontation. Nicos Mutter hatte die Familie Knall auf Fall verlassen. Warum will er ihr nach Jahren ihre Sachen bringen?

Ela Meyer: Die Reise zu ihr ist wie eine Mutprobe für ihn. Er will die Distanz überwinden. Und seine Wut. Das ist ein Tabu-Thema, die Frau, die ihre Familie und ihre Kinder verlässt. Das wollte ich angehen und aufbrechen.

Familie und Freundschaft, ist beides in Ihrem Buch zentral?

Die Herkunftserfahrungen der Drei sind sehr unterschiedlich. Sie kennen sich genau. Sie haben zusammen in einer Band gespielt. Sie vertrauen einander – und sie vertrauen einander eigentlich alles an. Mich interessiert, was mit einer Kindheits- und Jugendfreundschaft passiert, wenn sich die Lebenswege auseinanderentwickeln.

Die beiden Männer Hannes und Nico setzen sich berufliche und private Ziele. Insa hingegen lässt sich treiben, weiß nicht, was sie mit ihrem Leben anfangen soll.

Ja, Insa ist auf der Suche. Bei ihr wechseln sich Aushilfsjobs und Zeiten der Arbeitslosigkeit ab. Sie ist labil. Der Vater ist früh gestorben, mit ihrer Mutter gerät sie oft aneinander. Hannes’Auszug bringt sie aus dem Gleichgewicht und zwingt sie, ihren eigenen Weg zu finden.

Die drei brechen mit Mitte 20 auf. Das ist doch ein Alter, in dem ein Drittel des Lebens schon vorüber ist!?

Das ist eine Generationen-Erfahrung: Diese Weite an Möglichkeiten, diese Offenheit, das macht die eigene Suche nicht leichter.

Insa sagt einmal: „Die Stimme der Vernunft, eine langweilige Stimme, ich hatte sie nie gemocht.“ Klingt das im Titel an, die Kälte der Vernunft?

Ich mag eben den Song „Für immer 16“ von But Alive: „Sie schreien dich an, werd endlich älter. / Werd vernünftig, los werd alt. / Und Jahr für Jahr wird’s immer kälter / Und ich mein, es war schon ziemlich kalt.“

„Es war schon immer ziemlich kalt“, Hamburg, Goya-Verlag 2022, 288 S., 18 Euro

Lesung im Musikpalast, Große Str. 77, Flensburg, 21. 7., 19.30 Uhr, Eintritt 4-6 Euro nach Selbsteinschätzung

Im Roman kommen viele Musiktitel vor. Und man kann eine Spotify-Playlist von 25 Titeln anhören.

Musik ist für mich stimmungsgebend. Gerade auch beim Schreiben. Ich wollte einen Soundtrack des Lebens einer bestimmten Generation hörbar machen. Auch weil ich selber Musik mache.

Nach der mehrwöchigen Reise scheint vieles klarer. Hannes geht zurück ins heimatliche Dorf und Nico und Insa schmieden unabhängig voneinander Pläne für die Zukunft.

Manches ergibt sich im Schreibprozess. Ich will eher Möglichkeiten eröffnen. Die nächsten Schritte zeichnen sich ab. Die drei geben sich wechselseitig Halt – auch wenn nach dieser Reise nichts mehr so ist wie vorher.

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