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Archiv-Artikel

SPRACHRÄUME

Gewissermaßen als Relikte aus längst vergangenen Zeiten behaupten kleine Holzhütten und handtuchbreite Rasenstücke nebst Einsprengseln von Beeten ihre Existenz zwischen Bahngleisen oder an Autobahnen. Die Rede ist von Kleingartenkolonien, die inmitten städtischer Räume eine eigene Welt mit samstäglicher Pflicht zum Harken hochhalten. Die dreiköpfige Agentur Kriwomasow untersucht mit Studierenden der HafenCity-Universität und dem Thalia Theater die Gesetze dieser Parallelgesellschaft und fragt, wie die großstädtischen Vorstellungen von Sicherheit zwischen Hecken, kontrollierenden Nachbarsblicken und Grillabenden hier zu finden sind. Als praxisnahes Beispiel erlauben die Schrebergärtner der „Besthöhe e. V.“ einen Einblick in ihr Universum. Angelegt als ein Audiowalk nimmt das Stück „Die Augen der Großstadt“ mit auf eine Reise in Parzellen der vermeintlichen Freiheit und analoge Kontrollmechanismen. Interessiertes Publikum wird gebeten, sich anzumelden unter mail@agenturkriwomasow.de. Sa, 9. 6. und So, 10. 6., jeweils 14, 16 und 18 Uhr, Wohngartengemeinschaft Besthöhe e. V., Försterweg 41

Ganz und gar ohne Untertitel kommt „Hoimetaberau“ des Stuttgarter Theaters tri-bühne daher, das heute im Altonaer Theater zu Gast ist und in schwäbischer Mundart auch dem Dialekt eine Hauptrolle einräumt. Neben Sprachspitzen dreht sich die Tüftlersonate von Franz Xaver Ott, böse formuliert, um die beiden Hinterwäldler Hans und Albert, die „schaffe, schaffe“-mäßig tagein und tagaus an einer Universalmaschine herumschrauben (Foto). Sie soll alles können und machen und zeigt ihnen quasi als scheppernde Allmachtsfantasie einen Weg aus den Bergen und zu ihrer eigenen Genialität. Doch dann stehen sich die beiden Tüftler mit ihrer stereotyp zugeschriebenen „schwäbischen“ Borniertheit selbst im Weg oder an der Maschine ist doch noch eine Schraube festzuziehen. Sa, 9. 6., 20 Uhr, Altonaer Theater, Museumstraße 17

Blass, Kapuze ins Gesicht gezogen – so steht der Trendsetter der Weltgeschichte auf der Bühne und verliest sein Programm „Freude ist nur ein Mangel an Information“. Der zukunftsfähige Berufsdepressive Nico Semsrott, seines Zeichens kabarettistischer Alleinunterhalter, begibt sich auf die Spuren der großen Frage nach dem Sinn des Lebens und landet unversehens in absurden Alltagsgeschichten von Quallenschwärmen und Investitionszeiträumen. Konsequenterweise ergeben sie hier keinerlei Gründe für den Protagonisten, sich ins Leben zu schmeißen. Stattdessen propagiert er das deprimierte Verharren und liest seine ausgefeilten Begründungen von Zetteln ab. Für einen frei gesprochenen Vortrag fehlt ihm nämlich einfach die Motivation. Do, 14. 6., (Premiere), 20 Uhr, Polittbüro, Steindamm 45

KENDRA ECKHORST