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„Windfall Tax“

Für Großbritanniens Energiekonzerne gilt seit Ende Mai eine Sonderabgabe. Das Geld geht in Beihilfen für arme Haushalte

Von Dominic Johnson

In Großbritannien gibt es seit knapp zwei Wochen eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne. Die Energieprofitabgabe (Energy Profit Levy) beträgt 25 Prozent und wird zusätzlich zu bestehenden Steuern erhoben. Nach dem Modell, das Finanzminister Rishi Sunak am 26. Mai im Parlament vorstellte, unterliegen ihr alle Profite ab sofort für zunächst zwölf Monate. Sie kann aber bis Ende 2025 weiterlaufen.

Hintergrund der Maßnahme sind Rekordprofite der britischen Energieunternehmen. Der weltweite Anstieg der Öl- und Gaspreise nützt britischen Öl- und Gasfirmen, die diese Rohstoffe selbst fördern und jetzt viel teurer verkaufen können als sonst, ohne dass ihre Kosten in gleichem Maße steigen. BP (British Petroleum) vermeldete Anfang Mai für das erste Quartal 2022 einen Überschuss von 4,9 Milliarden Pfund (5,7 Mrd. Euro), nach Gewinnen von 12,85 Milliarden US-Dollar (12 Mrd. Euro) weltweit im Gesamtjahr 2021. Der Regierungsbeschluss für die Energieprofitabgabe spricht von „außergewöhnlichen“ Profiten. Die neue Abgabe werde „über das kommende Jahr rund 5 Milliarden Pfund einbringen, die in die Unterstützung von Menschen für deren Lebenshaltungskosten fließen sollen“.

In Großbritannien gibt es einen gesetzlichen Energiepreisdeckel, den die Regulierungsbehörde Ofgem alle sechs Monate neu festlegt. Als er am 1. Januar 2019 eingeführt wurde, betrug er 1.137 Pfund pro Haushalt und Jahr – damals 1.265 Euro. Am 1. Oktober 2021 stieg er auf 1.277 Pfund, am 1. April dieses Jahres sogar auf 1.971 Pfund (2.303 Euro). Das können sich viele nicht leisten. Experten halten bis zum Herbst einen weiteren Anstieg auf unerschwingliche 2.800 Pfund für möglich, wenn die Regierung nicht gegensteuert – und genau dieses Gegensteuern soll die neue Abgabe ermöglichen. Ihre Erlöse sollen in einen Fonds von 15 Milliarden Pfund fließen, der alle Haushalte mit einer einmaligen Energiebeihilfe von bis zu 400 Pfund im Jahr unterstützt, mit zusätzlichen Beihilfen für Arme, Rentner und Behinderte. Der Fonds wird ansonsten durch Kreditaufnahme gefüllt.

Es ist nicht das erste Mal, dass Großbritannien eine befristete „Windfall Tax“ auf Superprofite einführt. Schon Margaret Thatcher besteuerte damit in Zeiten sehr hoher Zinsen Bankengewinne. Die Labour-Regierung von Tony Blair führte nach ihrem Amtsantritt 1997 eine Sondersteuer auf privatisierte Staatsbetriebe ein. Die Erlöse flossen in einen Sonderfonds zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.

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