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Archiv-Artikel

Das Referat Lateinamerika und Karibik

Wie die Finanzkrise erfolgreich überwunden werden kann. Ein Beispiel für lateinamerikanische Perspektiven im Haus der Friedrich-Ebert-Stiftung

Friedrich-Ebert-Stiftung

Das Referat Lateinamerika und Karibik der Friedrich-Ebert-Stiftung bietet eine Reihe thematischer Publikationen an, die per E-Mail bestellt werden können.

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Austritt aus dem Euro oder drastischer Sparkurs? In Europa ist man noch immer auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage, auf welche Weise Griechenland am besten gerettet werden kann. Eine wirklich gute Lösung des Problems scheint niemand parat zu haben. Das Einzige, worüber man sich im Klaren ist, ist die Tatsache, dass schnell etwas passieren muss. Zumindest in puncto Krisenmanagement weiß Dörte Wollrad einen guten Rat an die Regierenden Europas: „Es lohnt sich, nach Lateinamerika zu schauen“, sagt die Leiterin des Referats Lateinamerika und Karibik der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Lateinamerikanische Perspektiven in den deutschen Diskurs einzubringen und auf diese Weise einen Dialog herzustellen zwischen Deutschland und den Ländern Lateinamerikas, darin besteht die Aufgabe des Referats Lateinamerika und Karibik. Gegründet wurde das Referat in den 60er Jahren, zu jener Zeit also, als sich der damalige Bundesaußenminister und spätere Bundeskanzler Willy Brandt für den internationalen Entwicklungsdialog mit Lateinamerika engagierte. In den 70er Jahren war Brandt als Vorsitzender der Nord-Süd-Kommission einer der wichtigsten Ansprechpartner der lateinamerikanischen ExilpolitikerInnen, mit denen er sich in Costa Rica und Venezuela traf, um mit ihnen nach Wegen zu suchen, wie die Diktaturen in den Ländern überwunden und die Redemokratisierung eingeleitet werden kann.

Inzwischen hat die Friedrich-Ebert-Stiftung 18 Büros und arbeitet in 20 verschiedenen lateinamerikanischen Ländern. Dort versucht die Friedrich-Ebert-Stiftung, VertreterInnen aus der Zivilgesellschaft und PolitikerInnen zu verschiedenen Themen wie Green Economy und nachhaltiger Entwicklung an einen Tisch zu bekommen. Als Entwicklungszusammenarbeit will sie das aber nicht verstanden wissen, eher als Förderung politischer Dialoge.

Diese Dialogprogramme werden aber nicht nur auf die Region Lateinamerikas beschränkt, sondern werden auch in Europa durchgeführt. Schließlich steht man dies- und jenseits des Atlantiks vor derselben Frage: Was anders machen nach dem Scheitern des Neoliberalismus? Lateinamerikanische Länder wie Argentinien und Brasilien, die unbeschadet aus der Krise hervorgegangen sind, könnten gute Vorbilder für krisengeplagte Länder wie Griechenland sein, meint Wollrad.

Warum das so ist, erklärt Wollrad wie folgt: Länder wie Brasilien und Uruguay hätten gezeigt, wie man sich von wirtschaftlichen Krisen erholt: Sie setzten darauf, die Binnennachfrage zu stärken. Eine Maßnahme hierfür sei die Anhebung der Mindestlöhne gewesen, wodurch die Menschen mehr Geld gehabt hätten, um einkaufen zu gehen. In der Folge hätten die landeseigenen Unternehmen mehr Umsatz gemacht und hätten neue MitarbeiterInnen anstellen können. Die Wirtschaft sei gewachsen.

Darüber hinaus hätten es die Regierungen der beiden Länder geschafft, den informellen Sektor zu reformalisieren. Wie Wollrad berichtet, hätten sie dafür gesorgt, dass Hausangestellte und LeiharbeiterInnen reguläre Arbeitsverträge bekommen. Das Resultat dieser Maßnahme äußerte sich nicht nur darin, dass die beiden Gruppen den regulären Mindestlohn erhielten. Auch zahlten sie nun Beiträge in die Sozialversicherung, was letzten Endes auch der Staatskasse zugute kommen würde. Im Gegensatz zu den neoliberalen Ansätzen der EU-Politik schlägt die Lateinamerika-Expertin Wollrad also einen Weg über Binnenmarktbelebung vor.

Um die Wirtschaftsmodelle in Deutschland publik zu machen, organisiert das Referat Lateinamerika und Karibik Expertenrunden und Podiumsdiskussionen, zu denen VertreterInnen aus Lateinamerika eingeladen werden. Vor kurzem erst war die Präsidentin Costa Ricas, Laura Chinchilla, zu Gast in Berlin, um über die Umweltpolitik des Landes zu sprechen. Bis 2021 will Costa Rica eine CO2-neutrale Klimabilanz erreicht haben. Ebenfalls vermittelt das Referat AnsprechpartnerInnen in Lateinamerika für PolitikerInnen und GewerkschafterInnen.

In Berlin arbeitet das Referat mit einer Vielzahl zivilgesellschaftlicher Gruppen wie dem Verein „Kolko“ zusammen, der gegen Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien kämpft, oder dem Iberoamerikanischen Institut, dessen MitarbeiterInnen immer wieder zu Diskussionen und Expertenrunden geladen werden.

Wer sich ebenfalls für Lateinamerika interessiert, kann sich auf dem Verteiler des Referats eintragen. Dort werden regelmäßig Studien zu verschiedenen Themen und Einladungen zu Veranstaltungen rumgeschickt. „Wir freuen uns über jeden, der kommt und sich einschalten will in den Dialog zwischen Deutschland und Lateinamerika“, sagt Wollrad. Lukas Dubro