Parkplätze gibt’s jedenfalls genug

Die Auswertung des Verkehrsversuchs zur „Flaniermeile Friedrichstraße“ liegt vor. Verkehrs- und AnwohnerInneninitiativen begrüßen die Umgestaltung – bei Gewerbetreibenden fand sie wenig Anklang

Von Claudius Prößer

Was ist eine „Parksammelanlage“? Für Normalsterbliche: ein Parkhaus. Fachbegriffe wie diese gab es einige zu hören beim Online-Meeting, auf dem Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) am Montagabend die Zukunft der Flaniermeile Friedrichstraße mit AnrainerInnen, VerbandsvertreterInnen und anderen Interessierten besprach.

Dass es dort irgendwann einmal so aussehen könnte wie auf dem computergenerierten Bild, das gleich zu Auftakt eingeblendet wurde, sei nur eine von vielen Möglichkeiten, versicherte Jaraschs Sprecher Jan Thomsen. Zu sehen war etwas, das mit flachen Wasserbecken, kleinen Bäumchen und Sitzgelegenheiten stark an eine beliebige deutsche Fußgängerzone erinnerte, bei Jarasch allerdings wohlwollende Assoziationen mit der Piazza eines italienischen Ortes auslöste.

„Einen attraktiven Ort“ wolle sie jedenfalls rund um die Friedrichstraße schaffen, so die Senatorin – einen Ort, der TouristInnen, aber auch BerlinerInnen anlocke. Dabei sei man auf einem guten Weg, aber vor allem zwei Dinge stünden dem entgegen: zum einen die Fahrradspur alias „Safety Lane“, die verhindere, dass Menschen tatsächlich die ganze Breite der Straße zum Flanieren nutzten. Zum anderen die „Baustellenoptik“, die „auch nicht das sei, was man sich von einem attraktiven Stadtraum erwartet“.

Das mit der Breite des Raums ließ sich plastisch auf einer der vielen Grafiken nachvollziehen, mit denen ein Mitarbeiter der Verkehrsverwaltung die Auswertung des Verkehrsversuchs erläuterte. Hunderte dünne, violette Linien zeichneten das Auf und Ab der PassantInnen auf den beiden Gehwegen vor dem Experiment nach – die Grafik nach Verbannung des Autoverkehrs und dem Aufstellen von Stadtmobiliar sah nicht viel anders aus. Offenbar kreuzen weiterhin nur wenige FußgängerInnen spontan die mittig verlaufende Radspur.

Die übrigen Ergebnisse der Auswertung hatte die Senatsverwaltung schon angedeutet: Der Kfz-Verkehr weicht auf Charlotten-, Glinka- und Wilhelmstraße aus, allerdings bleibt er in der Summe unter dem Aufkommen vor der Einführung der Flaniermeile. Die Luft ist ganz offiziell sauberer geworden. Und: Mit einer maximalen gemessenen Auslastung von 64 Prozent bestehen noch ausreichend Kapazitätsreserven an Parkplätzen.

Marketing ging etwas unter

Der Bezirksbürgermeister von Mitte, Stephan von Dassel (Grüne), verwies in seinem Beitrag auf die wirtschaftlichen Chancen, die sich für die AnrainerInnen ergeben hätten – unter anderem dank der Marketingkampagne (leider durch die Pandemie etwas untergegangen), und der aus Landesmitteln finanzierten „Showcases“. Die gewächshausartigen Gebilde, in denen Geschäfte ihre Produkte inszenieren können, litten allerdings mittlerweile unter Vandalismus und Diebstahl: „Wir sichern die gerade besser“, versprach von Dassel.

Während sich Vertreter von Verkehrs- und AnwohnerInneninitiativen grundsätzlich positiv äußerten, war das Feedback der Gewerbetreibenden weniger wohlwollend. Anja Schröder vom Laden Planet Wein in der Charlottenstraße konstatierte, dass man sich an der Friedrichstraße nun über bessere Luft und weniger Lärm freuen könne. Rund um ihr Geschäft aber habe sich das Verkehrsaufkommen verdoppelt, es herrsche „Dauerstau“. Sie freue sich, dass „jetzt alles besser werden soll, aber auf mich wirkt es immer noch nicht durchdacht“.

In Kürze wird die Senatsverwaltung ihr „Nahbereichskonzept“ für die Friedrichstraße und Umgebung veröffentlichen: mit Vorrang für den Fußverkehr in der „Flaniermeile“ und Einrichtung einer Fahrradstraße in der Charlottenstraße, die vielleicht auch noch für den Kfz-Durchgangsverkehr gesperrt wird. Der motorisierte Verkehr soll dann über die Wilhelmstraße sowie Glinka- und Mauerstraße gelenkt werden.

Die Radspur in der Friedrichstraße jedenfalls verschwinde nicht, bevor die Charlottenstraße zur Fahrradstraße umgewidmet sei.