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SchöneMenschen

Anne Morgenstern bekam 2016 den Deutschen Fotobuchpreis für einen Bildband über den Osten Deutschlands, wo sie geboren wurde. Auch in ihrem neuesten Buch geht es um Heimat – um eine, der man nie entfliehen kann

Interview Anna Fastabend

Die Fotografin:

Anne ­Morgenstern wurde 1976 in Leipzig geboren. Sie studierte Fotografie in München und Zürich, wo sie lebt und arbeitet

Das Buch:

Anne ­Morgenstern,

„Macht Liebe“, erschienen 2022 bei Hartmann Books, 192 Seiten, 134 Ab­bildungen, Text von Danaé Panchaud, 38 Euro

taz am wochenende: Anne Morgenstern, in Ihrem Fotoband „Macht Liebe“ ist auch eine Person in einem transparenten BH abgebildet. Können Sie mir mehr von ihr erzählen?

Anne Morgenstern: Nein, das mache ich nicht. Mir geht es ja nicht um die Person als solche.

„Was darf ein Körper sein? Was macht ihn begehrenswert? Und vor allem: Wer entscheidet das?“

Als Betrachterin hat man dennoch das Gefühl, mehr über diese Person erfahren zu wollen. Darüber, warum Sie sie ausgewählt haben.

Okay, ich probiere es mal. Mich haben Menschen interessiert, die visuell eher unterrepräsentiert sind, weil sie nicht den gängigen Schönheitsidealen entsprechen. Aber die Person, von der Sie hier sprechen, macht etwas unglaublich Schönes: Sie zelebriert ihren Körper auf eine so tolle, charmante und nonchalante Art, das man große Lust hat, so zu sein wie sie.

Was haben Sie mit Ihrer Fotoarbeit erforschen wollen?

Das ist nun mein dritter Bildband. Mein erster handelte vom Osten Deutschlands, wo ich geboren bin; mein zweiter von Bayern, wo es mich nach der Wende hin verschlagen hat, ich mich aber nie wirklich heimisch gefühlt habe; und dieser dritte handelt von einer Heimat, aus der man nicht auswandern kann: vom Körper als letzte Instanz.

Was hat Sie daran interessiert?

Am Anfang ging es mir bloß um menschliche Körper, um ihre Fleischlichkeit, ihre Haut. Doch je länger ich mich damit beschäftigt habe, desto bewusster wurde mir, dass ich auf der übergeordneten Ebene am Wechselspiel zwischen Körper und Identität interessiert bin und versuchen möchte, die sozialen Normen und Erwartungen, die an uns gestellt werden, zu dekonstruieren. Was darf ein Körper sein? Was macht ihn schön? Was begehrenswert? Und vor allem: Wer entscheidet das?

Was bedeutet Schönheit für Sie?

Ich finde alle Menschen, die ich ­fotografiert habe, schön. Aber ich wage zu behaupten, dass Schönheit oft nicht sofort erkennbar ist, sondern erst gefunden werden muss. Schönheit offenbart sich immer dann, wenn wir uns selbst vergessen können und uns so unverstellt wie möglich gegenübertreten, also eins sind mit uns selbst.

In Ihrer Arbeit kombinieren Sie menschliche Körper mit Landschaften und Objekten. Warum?

Wenn ich nur Personen zeigen würde, wäre das zu eindimensional. Die Kombination von verschiedenen Objekten, Farben, Strukturen und Materialitäten hat ja auch etwas sehr Sinnliches, Spielerisches. Und darüber findet eine Assoziationskette statt, in der man sich ruhig ein wenig verlieren soll.

Wieso?

Wir haben so viele Schranken im Kopf, wie die Dinge auszusehen haben. Was wir begehrenswert finden sollen und was nicht. Das möchte ich aufbrechen. Ich möchte Mut machen, in sich hineinzuhorchen und sich selbst zu vertrauen. Es gibt kein Gesetz: Jeder darf das schön finden, was ihm oder ihr gefällt.

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