das wetter:
Saublöd
Sennerin Lawine war verzweifelt: Auf der gesamten Alm war keine einzige Sünde zu finden. Davor hatten die Lieder der Altvorderen immer gewarnt. Sicher, über dem Ofen hing noch geräucherte Reue und in der Anrichte stand ein Glas eingeweckten Frevels, aber eine gescheite Sünde war nicht aufzutreiben. Dabei kamen doch gleich die Städter mit ihren Kabrioletts und hohen Ansprüchen. Die würden dem Panorama der Zwölftausender Nepomuk, Mrs. Ochmonek und Klein-Fiete höchstens einen gelangweilten Blick schenken, um dann wie blödsinnig zwinkernd nach einer saftigen Verfehlung zur blauen Stunde zu fragen. Nachdem Lawine ihren Ziegen reinen Wein eingeschenkt hatte und den Bock verborgt hatte, schnürte sie die Kündigung und ging grollend zu Tal. Sennerin war schon ein arg saublöder Beruf, dachte die gelernte Fremdschamkorrespondentin missvergnügt.
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