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Techno und Rauschzustände

In Frankfurt am Main eröffnet kommende Woche das Museum Of Modern Electronic Music

Viele hatten schon nicht mehr dran geglaubt. Und wer weiß, vielleicht kommt doch noch was dazwischen, wird hier und da geunkt. Am kommenden Mittwoch, 6. April, sinnigerweise dem Internationalen Tag des Sports, soll in Frankfurt am Main tatsächlich das Museum of Modern Electronic Music (MOMEM, ein bescheidener Wink von Mainhattan nach Manhattan, zum MOMA) eröffnet werden, mit einer Ausstellung über den auch für seine sportlichen Marathon-Sets weltberühmten DJ Sven Väth, Träger der Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt am Main.

Der Standort im Zwischenstock der verwinkelten Hauptwache ist einen guten Speerwurf entfernt vom ehemaligen „Omen“, dem legendenumrankten Technoclub, in dem Väth in den Neunzigern zum Star wurde. Immer wieder musste die Eröffnung verschoben werden. Zwar witterte die Stadtverwaltung ein prestige- und tourismusträchtiges Projekt, wollte sich aber lange nicht so an der Finanzierung beteiligen, wie die Betreiber sich das vorgestellt hatten. Dann kam Corona.

Am Ende hat man sich dann doch geeinigt,und so kam zur Pressevorstellung viel Lokalprominenz, darunter der gerade wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck geratene Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) und seine Parteigenossin, die Kulturdezernentin Ina Hartwig. Die gelernte Literaturkritikerin sorgte für Heiterkeit mit der Aussage, sie freue sich auf ein Museum, in dem es um „Körperliches, ums Tanzen, um Rauschzustände“ gehe. Frau Dr. Hartwig und Rauschzustände? Smells like Angela Merkel auf Ecstasy.

Mit Rauschzuständen kennt Sven Väth sich besser aus. Der langjährige Lokalmatador – Signaturparole: „Gude Laune!“ – wird zum Auftakt des MOMEM mit einer Schau gewürdigt, die Tobias Rehberger einrichtet, seines Zeichens Kunstprofessor an der Frankfurter Städelschule und seit vielen Jahren unterwegs im Inner Circle der Frankfurter Technoszene. Eine „sehr persönliche Ausstellung“ soll es werden, so Rehberger. Das kann ein Versprechen sein. Oder eine Drohung. Gerade in der Börsenstadt Frankfurt mit ihren Selfmademan-Karriere-Mythen liegt es nahe, die Geschichte der modernen elektronischen Musik an den handelnden Personen entlang zu erzählen – in der Regel Männer.

Schon 2014 widmete das Museum für Angewandte Kunst Ata Macias eine eigene Ausstellung, dem Rehberger-Buddy und DJ-Betreiber des wundervollen Clubs „Robert Johnson“ an der Stadtgrenze zwischen Frankfurt und Offenbach. Gleich um die Ecke am Kaiserlei-Kreisel residierte einst die Dancefloor-Plattenfirma Logic, die mit Snap! („The Power“) Welthits produzierte. Ein Player bei Logic war Alex Azary, der jetzt das MOMEM leitet und daraus einen „sozialen Raum“ machen will: Workshops, Kommunikation, Filme etc.

Könnte klappen, wenn Azary und seine Leute auf (lokal)patriotische Scheuklappen verzichten und eine andere Perspektive auf ihren Gegenstand finden als: Weiße Männer machen Geschichte. Noch vor ein paar Jahren hatte Azary bei einer Veranstaltung der Reihe „Text & Beat“ mit der Aussage irritiert, dass Techno eine deutsche Erfindung sei und Frankfurt die Kapitale.

Schöne Grüße auch nach Detroit und Chicago. Und gutes Gelingen! Klaus Walther

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