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Archiv-Artikel

Geschöntes Dokument der Vertuschung

Vor der heutigen Hauptversammlung der Bankgesellschaft wetzen die Kritiker die Messer. Das Land soll der Bank insgesamt mehr als 5 Milliarden Euro zugeschoben haben. Die Entscheidung über ein Volksbegehren zur Bank soll im Herbst fallen

von RICHARD ROTHER

Noch ist das ICC am Funkturm nicht abgerissen, noch finden hier wichtige Großveranstaltungen statt. Eine davon ist die heutige Hauptversammlung eines Berliner Konzerns, der nach aufregenden Jahren etwas aus den Schlagzeilen herausgekommen ist: der Bankgesellschaft, an der das Land Berlin mit mehr als 80 Prozent beteiligt ist. „Der Bankenskandal ist noch lange nicht erledigt“, sagt aber FU-Professor Peter Grottian, der Mitbegründer einer entsprechenden Bürgerinitiative ist.

Um das zu zeigen, stehen die Mitglieder der Initiative heute wieder auf der Matte – vor und in dem Kongresszentrum. Mit Infoständen wollen sie Passanten und Aktionäre über die Malaise des Bankkonzerns unterrichten, als Kleinaktionäre werden sie im großen Saal Rede und Antwort vom Vorstand verlangen. „Ich übersehe keineswegs die Fortschritte, die bislang auf dem Weg zu einer solide aufgestellten Bankgesellschaft erzielt worden sind“, sagt Grottian. Insgesamt sei der Geschäftsbericht des Unternehmens aber ein „bedrückendes Dokument des Beschweigens, Vertuschens und des Verschiebens“. Die Bilanz der Bank werde für den geplanten Verkauf geschönt, seit dem Jahr 2000 seien der Bank insgesamt 5,4 Milliarden Euro direkt oder indirekt zugeschoben worden. Grottian: „Die Bank hat ein Land, nicht das Land hat eine Bank.“

Die Bankeninitiative kritisiert nicht nur die Bank, sondern auch den rot-roten Senat. Wie berichtet, plant der Senat, Anlegern der umstrittenen Immobilienfonds, die die milliardenschwere Krise der Bank verursachten, ein Abfindungsangebot zu unterbreiten. Damit sollen den Anlegern quasi Gewinnansprüche abgekauft werden, die ihnen das so genannte Risikoabschirmungsgesetz garantiert.

Dieses Vorgehen sei falsch, argumentiert die Bürgerinitiative, „weil sowohl die Risikoabschirmung als auch alle daraus resultierenden Rechtsverpflichtungen mit den Fondsanlegern gegen die Verfassung und gegen das Haushaltsrecht von Berlin verstoßen“. Mit der Risikoabschirmung hatte sich das Land Berlin verpflichtet, für mögliche Verluste aus Immobilienfondsgeschäften der Bank von bis zu 21,6 Milliarden Euro aufzukommen.

Gegen das Risikoabschirmungsgesetz hatte die Bürgerinitiative ihr Volksbegehren „Schluss mit dem Berliner Bankenskandal“ gestartet und nach eigenen Angaben 37.000 Unterschriften gesammelt. Im Februar 2004 hatte der rot-rote Senat jedoch die Durchführung des Volksbegehrens abgelehnt, weil dieses den Landeshaushalt betreffe und daher unzulässig sei. Dagegen hat die Initiative umgehend Beschwerde vor dem Landesverfassungsgericht eingereicht.

In diesem Verfahren werde es nun im September zu einer mündlichen Verhandlung kommen, sagt Hans-Jürgen Lindemann von der Bürgerinitiative. Lindemann wertete die Anberaumung eines Termins für die mündliche Verhandlung als „positives Signal“, das Gericht hätte schließlich auch ohne diesen Termin entscheiden können. Lindemann rechnet mit einem Urteil noch im Herbst dieses Jahres. Das Volksbegehren könnte bereits vier Wochen nach einem Urteil anlaufen – vorausgesetzt, der Landesverfassungsgerichtshof entscheidet gegen den Senat. Lindemann: „Nach der Hauptversammlung der Bankgesellschaft wird es noch einmal richtig spannend.“