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Ausgehen und rumstehen von Robert MießnerZischen in der Kirche und was von der Industrie übrig bleibt

Das postmaschinelle Wochenende begann bereits vergangenen Donnerstag in der Eli­sa­beth­kirche an der Invalidenstraße, Berlin-Mitte.

Eingeläutet wurde es von einem Benzinkanister, einer Auspuffanlage und einer Waschmaschinentrommel. Angerostet und zerbeult wie auch ein Ölfass und ein Kühlergrill, mitgenommen und ramponiert wie eine Styroporplatte oder ein grotesk gefalteter Einkaufswagen, der wie das Skelett eines Flugsauriers im Kirchenschiff hing, bildeten diese und viele andere Fundstücke das Instrumentarium einer Klanginstallation.

„Rainforest IV“heißt das 1973 entstandene Werk des US-amerikanischen Komponisten David Tudor. In der Elisabethkirche ist es jetzt bis Sonntag, den 27. März zu erleben, veranstaltet vom Verein Singuhr e. V., der sich seit Jahren um die Berliner Klangkunst verdient macht. Zu sehen und zu hören ist dabei das Resultat der Donnerstagsperformance, als angeleitet von dem Tudor-Spezialisten Matt Rogalsky und dem Komponisten Hans W. Koch die Künstler Jessica Ekomane, Hanna Hartman, Robert Lippok, Zsolt Sörés, Ionna Vreme Moser, Michael Winter und Miki Yui ihre ausgesuchten Objekte bespielten.

Die Sounds schnattern und zischen, wispern und murmeln weiter im übrigens orgellosen Kirchenraum, sie ergeben tatsächlich so etwas wie einen sich immer wieder neu gruppierenden Regenwald, einen vom Schrottplatz allerdings. Ich empfehle, Zeit in die Kirche mitzubringen, herumzugehen und bei Gelegenheit eine Pause und verschiedene Hörwinkel einzunehmen.

Was von der Industrie übrig bleibt, zeigt die Ausstellung „Maschinen-Portraits“ mit 35 Fotografien des Künstlers Jörg Schaller im Industriesalon Schöneweide. Der ideale Weg dorthin führt an der Tankstelle am S-Bahnhof vorbei über die Alte Feuerwache des Bezirks. Das Backsteingebäude, heute eine Schule, ist eine gute Einstimmung für den Ort und die Ausstellung.

Schaller hat tatsächlich Maschinen fotografiert, an denen bis kurz nach dem Ende der DDR Radiorekorder und Bauteile für Kraftwerksanlagen entstanden sind. In Schöneweide befand sich das größte Industriegebiet Ostberlins. Eine Gegend, die in den 1990er Jahren in einen rostigen Dornröschenschlaf fiel, eines der Fotos von Schaller könnte glatt aus jener Zeit stammen: Auf den ersten Blick wirkt es wie eine nächtliche Fabriklandschaft mit Tempeln, Wandelgängen und Türmen. Dazwischen verläuft sich eine Straße in die Schwärze. Auf den zweiten Blick entpuppt sich das Bild als Nahansicht einer Werkbank.

Einen Einblick in die Produktpalette gibt es im Raum nebenan, dort, wo seit einiger Zeit der Jazzkeller 69 e. V. zu Hause ist und seine Sonntagsnachmittagskonzerte veranstaltet. Hinter der Bühne befindet sich ein Regal mit über vierzig alten Röhrenradios, Gerätschaften, aus denen sich übrigens mit etwas Fingerspitzengefühl Verstärker bauen lassen.

Auf der Bühne stand am Sonntag ein Quartett. Fusk, das sind: Rudi Mahall an der Bassklarinette und Klarinette, Trompeter Tomasz Dabrowski, Andreas Lang am Bass und der Schlagzeuger Kasper Tom.

Was sie da spielten, passte auf eine sehr schöne Art und Weise in den Raum; Fusk nämlich pendelten zwischen der konzentrierten Dynamik einer Werkhalle und der entspannten Lässigkeit eines Frühstücksraums hin und her, wechselten vom Eingängigen ins Biestige und zurück.

Jazzstandards blitzen auf, die Musik fuhr mit mehreren Gängen. Ganz ausblenden ließ sich die Zeit allerdings nicht. Eines der Stücke von Fusk heißt „The Noise of Time“ und bezieht sich auf den biografischen Roman, den Julian Barnes über den russischen Komponisten Dmitri Schostakowitsch schrieb.

Drummer Tom, der durch das Programm führte, erläuterte das Stück und meinte, in dem Buch trete der Putin seiner Zeit auf: Stalin.

Es war ein kühler Nachhauseweg durch ein seltsam menschenarmes Schöneweide am zugesperrten S-Bahnhof vorbei. Zu den Zügen geht es über einen Seiteneingang, hinter den Gleisen ging mit großer Geste die Sonne unter.

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