Honduras früherer Präsident: Die Schlange ist jetzt kopflos

Honduras Ex-Präsident Juan Orlando Hernández darf wegen Drogenschmuggels an die USA ausgeliefert werden. Er hat ein System der Korruption aufgebaut.

Ein Mann zwischen mehreren Polizisten

Juan Orlando Hernández (2.v.r.) bei seiner Festnahme Mitte Februar in Tegucigalpa Foto: Inti Ocon/dpa

HAMBURG taz | Der frühere honduranische Präsident Juan Orlando Hernández darf an die USA ausgeliefert werden. Das hat am Mittwochnachmittag der Oberste Gerichtshof in Tegucigalpa bestätigt. Für die amtierende Präsidentin Xiomara Castro bedeutet die Entscheidung Rückenwind für ihre Reformagenda.

Hernández war im Februar festgenommen worden. Seine Anwälte hatten alles versucht, um die Auslieferung zu verhindern. Hernández, dessen Bruder Antonio bereits wegen organisierten Drogenschmuggels im großen Stil von einem New Yorker Gericht verurteilt wurde, droht nun das gleiche Los.

Die Beweise gegen den Expräsidenten sind erdrückend, so Joaquín Mejía. Der Rat des Juristen, der für das jesuitische Forschungszentrum Eric-SJ arbeitet, ist sowohl in Honduras als auch in den USA gefragt.

Die USA wollen, so das Weiße Haus, gegen die omnipräsente Korruption in der Region vorgehen. Nicht nur in Honduras, sondern auch in Guatemala und El Salvador, wo die Präsidenten Nayib Bukele und Alejandro Giammattei gegen die Justiz vorgehen und wo für den eigenen Machterhalt und im Falle Guatemalas den eigenen finanziellen Vorteil nahezu alles möglich ist.

Das System JOH – den ganzen Staat missbraucht

Während seiner Amtszeit (2014–2022) hat Hernández – oder JOH, wie er der Kürze halber genannt wird, „den Staat missbraucht, ihn für die ­Interes­sen seines Drogenschmuggelkartells benutzt. Alles in Honduras war de facto käuflich“, so Joaquín Mejía. Die gesamte staatliche Infrastruktur wurde zum System JOH umgebaut. Richter nach Gefügigkeit eingesetzt, Minister, Generäle, Funktionäre. Diese pervertierte staatliche Infrastruktur, sagt Mejía, muss nun zurückgebaut werden.

Die ersten Schritte dafür sind auf der Ebene der Sicherheitskräfte erfolgt. „All das lässt sich mit der Auslieferung des Kopfes des Systems leichter und schneller vollziehen. Die Schlange hat ihren Kopf verloren, sie windet sich noch, verliert aber an Kraft“, meint Mejía.

Er gehört zu dem Beraterstab, der derzeit daran arbeitet, eine UN-Kommission gegen die Straflosigkeit in Honduras auf den Weg zu bringen. Die Anträge an die UN sind auf den Weg gebracht, strategische Fehler, die das Ende einer ähnlichen Kommission in Guatemala im September 2019 bedeuteten, sollen in Honduras vermieden werden.

Die Vorzeichen dafür sind positiv, denn die neue Regierung in Tegucigalpa ist gut vorbereitet. „Präsidentin Xiomara Castro hat ein junges, hochqualifiziertes Team hinter sich, wichtige Personalentscheidungen bereits getroffen und stellt die Weichen für mehr Partizipation, mehr demokratische Strukturen“, lobt Mejía. Genau die Strukturen, die ihr krimineller Vorgänger geschliffen hatte, um seine Narcodiktatur durchzusetzen.

Deren Strukturen existieren natürlich noch, genauso wie deren Protagonisten. Die sind derzeit jedoch auf Tauchstation gegangen, weil die Präsidentin mehr Unterstützung aus dem Ausland erhält als erwartet. Zuspruch, aber auch finanzielle Unterstützung ist derzeit angesichts leerer Kassen wichtig.

Die Chancen dafür stehen allerdings gut, denn die USA benötigt einen neuen Vertrauten in der Problemregion vor der eigenen Haustür. Sie scheinen bereit, der lange kritisch betrachteten linksliberalen Xiomara Castro eine Chance geben zu wollen. Beleg dafür ist der direkt nach ihrer Vereidigung ausgestellte Auslieferungsantrag für Juan Orlando Hernández.

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