Zu großer Andrang beim effizienten Bauen

Bundesregierung stoppt Förderprogramme, weil die eingeplanten Gelder aufgebraucht sind. Für Neubauten sollen stattdessen die Mindeststandards verschärft werden

Künftig soll es verschärfte Mindest­standards bei Neubauten geben Foto: Werner Dieterich/imago

Von Malte Kreutzfeldt

Auf den ersten Blick sieht es nach einer guten Nachricht aus: Das Interesse an energieeffizienten Häusern ist groß. Allein seit November sind bei der staatlichen KfW-Bank Anträge für günstige Kredite und Zuschüsse im Umfang von 20 Milliarden Euro für Neubauten und Sanierungen eingegangen, teilte das Bundeswirtschaftsministerium am Montag mit. Doch faktisch ist die Lage weniger gut.

Denn zum einen sind die 5 Milliarden Euro, die im Haushalt für Zuschüsse eingeplant sind, bereits ausgeschöpft. Darum sind die Förderprogramme am Montag mit sofortiger Wirkung gestoppt worden; Bauherren, die bisher keine Zusage erhalten haben, gehen damit erst mal leer aus. Zum anderen zeigt die Entwicklung, dass die bisherige Förderpolitik möglicherweise zu großzügig war.

Denn von den beantragten 20 Milliarden Euro entfielen rund 14 Milliarden auf Neubauten nach dem Effizienz­hausstandard 55. Dieser bedeutet, dass die Häuser nur 55 Prozent der Energie verbrauchen, die ein sogenanntes Referenzhaus benötigt. Der gesetzliche Mindeststandard für Neubauten liegt derzeit bei 75 Prozent des Energieverbrauchs eines Referenzgebäudes. Doch schon jetzt erfüllt nach Angaben des Ministeriums ein Großteil der Neubauten den strengeren 55er-Standard. Dieser hätte schon längst zum gesetzlichen Neubaustandard erhoben werden müssen, erklärte Staatssekretär Patrick Graichen am Montag. „Hier war keine Förderung mehr angezeigt.“

Die alte Bundesregierung hatte im November aber lediglich angekündigt, dass Gebäude nach dem Effizienzstandard 55 ab Februar nicht mehr gefördert werden, auf neue gesetzliche Vorgaben aber verzichtet. Das hatte einen Massenansturm auf die Förderung zur Folge; als Konsequenz daraus wird jetzt nicht nur dieses Programm ausgesetzt, sondern auch die Förderung des noch schärferen Effizienzstandards 40 und der Sanierung von Bestandsgebäuden. Nicht betroffen vom Förderstopp sind Einzelmaßnahmen wie der Heizungstausch.

„Wir benötigen dringend verlässliche Förderbedingungen“

Jan Peter Hinrichs, Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle

Die plötzliche Einstellung der Förderprogramme stieß bei Industrie wie Umweltverbänden gleichermaßen auf Kritik. „Wir benötigen dringend verlässliche und kontinuierliche Förderbedingungen für energieeffiziente Sanierung der Gebäude in Deutschland, um weiter zielstrebig CO2 einzusparen“, sagte der Geschäftsführer des Bundesverbands energieeffiziente Gebäudehülle, Jan Peter Hinrichs. Auch die stellvertretende Geschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe, Barbara Metz, erklärte, „angesichts der klimapolitischen Notlage im Gebäudesektor“ sei der Förderstopp „ein weiterer Dämpfer“. Beim Neubau unterstützt die Umwelthilfe den Plan, statt auf finanzielle Förderung auf strengere gesetzliche Vorgaben zu setzen; für die Sanierung müssten allerdings schnell neue Gelder zur Verfügung gestellt werden.

Das plant auch das Wirtschaftsministerium. Die Förderung für Sanierungen werde wieder aufgenommen, „sobald entsprechende Haushaltsmittel bereitgestellt sind“, hieß es. Wann das der Fall sein wird, ist noch offen. Die Förderung für den Effizienzhausstandard 55 wird nicht wieder aufgenommen; dieser soll stattdessen möglichst kurzfristig zur Pflicht werden.

Wie es mit dem strengeren Effizienzstandard 40 weitergeht, ist noch offen. Für bereits beantragte, aber noch nicht bewilligte Projekte werden zusätzliche Kredite geprüft, um Finanzierungslücken zu verhindern.