Unruhen und Gewalt in Kasachstan: Proteste halten an

Der Unmut über hohe Preise für Flüssiggas ist in Kasachstan in gewaltsame Proteste umgeschlagen, die Regierung trat zurück. Die Lage bleibt unübersichtlich.

Bewaffnete Polizisten blockieren eine Strasse

Bewaffnete Bereitschaftspolizisten blockieren eine Straße, um Demonstranten aufzuhalten Foto: Vladimir Tretyakov /dpa

NUR-SULTAN dpa | Gewaltsame Proteste gegen hohe Preise an den Tankstellen haben das Land Kasachstan in Zentralasien in eine Krise gestürzt. Am Mittwoch trat die Regierung zurück. In mehreren Landesteilen der autoritär geführten Republik wurde der Ausnahmezustand verhängt. Die Sicherheitskräfte nahmen nach Angaben des Innenministeriums mehr als 200 Menschen fest. Vor allem in der Wirtschaftsmetropole Almaty kam es zu heftigen Krawallen.

In der Stadt im Südosten des Landes stürmten Demonstranten die Stadtverwaltung, wie die Agentur Tengrinews berichtete. In einem Video waren Flammen am Gebäude zu sehen, schwarzer Rauch stieg auf. Knallgeräusche waren zu hören. Auch bei der Staatsanwaltschaft und in der Präsidentenresidenz sollen Brände ausgebrochen sein. Die Lage war zunächst unübersichtlich.

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Bilder aus anderen Stadtteilen zeigten, wie eine große Menschenmenge vor Polizisten wegrannte. Auch dort waren Explosionsgeräusche und Schüsse zu hören. Berichten zufolge setzten die Sicherheitskräfte Blendgranaten und Tränengas ein. Zu sehen waren ausgebrannte Autos und zerstörte Scheiben von Kiosken und Gaststätten.

Bereits in der Nacht zuvor hatte es heftige Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gegeben. Den Behörden zufolge wurden 190 Menschen verletzt, darunter 137 Polizisten. 40 Menschen seien in Krankenhäuser gebracht worden. Auch in anderen Städten des ölreichen Landes gingen die Menschen auf die Straße.

Behörden ordneten Preissenkungen an

Der Protest begann am Wochenende zunächst in der Stadt Schangaösen im Westen und weitete sich dann aus. Es ist die größte Protestwelle seit Jahren. Die Ex-Sowjetrepublik mit mehr als 18 Millionen Einwohnern grenzt an Russland, China und im Südwesten ans Kaspische Meer.

Auslöser der Unruhen waren deutlich gestiegene Preise für Flüssiggas an den Tankstellen. Viele Kasachen tanken Flüssiggas, weil es billiger als Benzin ist. Die Regierung hatte die hohen Tankrechnungen zunächst mit einer gestiegenen Nachfrage begründet. Seit Jahresbeginn wird der Gashandel komplett über die Energiebörse abgewickelt.

Als Konsequenz aus den Protesten ordneten die Behörden Preissenkungen an. Damit solle die „Stabilität des Landes gewährleistet werden“, sagte Präsident Kassym-Schomart Tokajew. Viele Demonstranten gaben sich damit nicht zufrieden und forderten zudem den Rücktritt der Regierung. Regierungschef Askar Mamin legte schließlich am Mittwochmorgen sein Amt nieder. Damit trete auch die Regierung zurück, teilte das Präsidialbüro mit. Übergangsweise übernimmt der bisherige Vize-Regierungschef Älichan Smajylow die Amtsgeschäfte.

Ausnahmezustand bis 19. Januar

Tokajew hatte zunächst mit eindringlichen Appellen versucht, die aufgeheizte Stimmung zu beruhigen. „Reagieren Sie nicht auf die Aufrufe, offizielle Gebäude zu stürmen. Das ist ein Verbrechen“, sagte der Staatschef, der seit 2019 im Amt ist. Nach seiner Wahl hatte es ebenfalls Proteste mit Hunderten Festnahmen gegeben.

Er verhängte zudem bis zum 19. Januar den Ausnahmezustand über einige Landesteile, darunter in der Hauptstadt Nur-Sultan, in Almaty und in der Region Mangystau im Westen Kasachstans. Damit verbunden sind etwa Ausgangssperren in den Nachtstunden und Versammlungsverbote.

Unklar war zunächst, wann sich die Lage wieder beruhigt. Berichten zufolge funktionierten Messengerdienste wie Telegram und WhatsApp nicht. Die Behörden wollten damit vermutlich verhindern, dass sich noch mehr Menschen den Protesten anschließen.

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