: Die Rechnung kommt erst später
RENTE Noch scheint die deutsche Alterssicherung von der Krise nicht betroffen. Doch die Einnahmen werden sinken. Und die Rente mit 67 könnte kippen
BERLIN taz | Es klingt paradox: Die Rentensteigerungen in Deutschland waren 2009, im Jahr eins nach der Pleite von Lehman Brothers, mit bis zu 3,38 Prozent so hoch wie seit den Neunzigerjahren nicht mehr. Dazu schließt die Rentengarantie Senkungen der Altersbezüge auch für Zeiten aus, in denen die Löhne sinken. Offenbar bleibt die Alterssicherung von der Wirtschaftskrise unbeeinflusst.
Ein gutes Zeugnis hat auch die OECD dem deutschen Rentensystem ausgestellt. In der Wirtschaftskrise habe sich die umlagefinanzierte Rente als widerstandsfähiger erwiesen als die zuvor hoch gelobten kapitalgedeckten Alterssicherungssysteme anderer Länder. Denn dort gab es zum Teil große Verluste: Laut der Organisation haben private Pensionsfonds in den OECD-Ländern im vergangenen Jahr 23 Prozent ihres Werts verloren. In absoluten Zahlen sind das 5,4 Billionen Dollar. Die größten Verluste gab es in Irland, Australien und den USA.
Dennoch: Für das deutsche Rentensystem kann noch keine Entwarnung gegeben werden. Zwar hat die Finanzmarktkrise nicht im gleichen Umfang Geld aus der Alterssicherung verbrannt wie in den genannten Ländern. Doch die Folgen wird Deutschland mit Verzögerung auch noch spüren. Durch Kurzarbeit und das Steigen der Arbeitslosenquote dürften Beiträge zur Rentenversicherung wegbrechen, womit sich eine Finanzierungslücke ergäbe.
Dies wird sich allerdings nicht unmittelbar bemerkbar machen. Denn sowohl in der aktuellen Phase von hoher Kurzarbeit als auch in einer möglichen ersten Welle von Arbeitslosigkeit würde die Rentenkasse noch hohe Beitragszahlungen erhalten. Bei Arbeitslosengeld-I-Empfängern werden auf der Basis von 80 Prozent des Bruttolohns Rentenbeiträge von der Arbeitslosenversicherung in die Rentenversicherung geschaufelt.
Erst wenn die Arbeitslosenzahlen über einen langen Zeitraum hoch bleiben und die Zahl der Empfänger von Hartz IV wächst, sinken die Beitragseinnahmen. Dann werden nur noch Beiträge auf der Basis eines Einkommens von 205 Euro gezahlt. Wer durch die Krise arbeitslos geworden ist, wird also Auswirkungen auf seine Rente spüren. Auch die OECD hatte festgestellt: In keinem anderen Mitgliedsland wird die Rente für junge Menschen mit unterdurchschnittlichem Einkommen so gering sein wie in Deutschland.
Ab 2010 soll zudem geprüft werden, ob die beschlossene Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre mit Blick auf den Arbeitsmarkt vertretbar bleibt. Da vor allem ältere Arbeitnehmer von Stellenstreichungen betroffen sind, könnte infolge der Krise die Rente mit 67 wieder gekippt werden. GORDON REPINSKI