: Echt toll!
Nach einem Jahr endet das erste Onlineseminar der taz Panter Stiftung mit einem persönlichen Treffen – und der Gründung des ersten Journalistinnenbunds im Irak
ein Jahr lang haben wir uns nur am Bildschirm gesehen. 17 Journalistinnen aus dem Irak, deutsche und irakische Expert:innen, Trainer:innen. Der geplante Abschlussbesuch in Berlin fiel wegen Corona aus. Aber wenigstens einmal wollten wir alle persönlich treffen, dann eben in Erbil, Irakisch-Kurdistan.
Nur Diyar aus der südirakischen Hafenstadt Basra sagte ab. „Mein Vater meint, ich sei zu jung, um zu reisen“, schrieb die 33-Jährige. Ihre Kolleginnen nahmen das Verbot nicht hin, eine rief den Vater an. Schließlich musste er nachgeben. Diyars erste Reise begann.
Manchmal erkannten wir uns nur auf Nachfrage. Ohne Photoshop-Schminke sieht man anders aus, den Pferdeschwanz vom Profilbild gab es nicht mehr und unsere Trainerin aus Bagdad ist viel kleiner als vermutet. Es gab viel zu lachen.
Zwei Tage beste Stimmung, über selbst entwickelte lustige Memes beim „Reporting in Social Media“. Oder in der munteren Diskussion über politische Perspektiven des Irak mit Professor Dlawer Ala’Aladeen, Direktor des Middle East Research Institute aus Erbil. Das jesidische Heiligtum, eine Tempelanlage im nordirakischen Lalesch, besuchten fast alle zum ersten Mal. Nur die Jesidin Naven kommt öfter her, um Wünsche in eines der bunten Tücher im Tempel zu knoten.
Nach ihrer Flucht vor dem „Islamischen Staat“ hat sie ihre Heimatstadt Schingal seit vier Jahren nicht mehr gesehen, wie sie im Bus erzählte.
Die Zeit reichte nicht, um nachzuholen, was in Onlineseminaren fast unmöglich ist: sich persönlich auszutauschen. Trotzdem sind Freundschaften entstanden. Alle Teilnehmer:innen haben das Jahr mit der taz Panter Stiftung – das auch dank Ihrer Spenden, liebe Leser:innen möglich war – positiv beurteilt. „Wir haben viel gelernt“, hieß es mehrfach. Und es sind tolle Geschichten entstanden, die Sie in einer ersten Beilage lesen konnten (taz.de/Sonderseiten-in-der-taz/!172871). Weitere Texte über starke irakische Frauen, darunter auch Diyars Geschichte über eine irakische Modedesignerin im konservativen Südirak, können Sie in unserer zweiten taz-Beilage am 9. Dezember entdecken.
Das beste Ergebnis: Drei Kolleginnen sind dabei, den ersten Journalistinnenbund des Irak zu gründen. In Bagdad ist die Organisation bereits offiziell registriert, für Irakisch-Kurdistan wird die Registrierung noch im November erwartet. „Es wurde Zeit, dass wir als Journalistinnen uns zusammenschließen, unsere Rechte verteidigen und die Ausbildung verbessern“, sagt Kholoud Alamiry, eine der Initiatorinnen von tamkeenwomen (Ermächtigung der Frauen). Die arabisch-englische Webseite ist bereits online.
Nach dem erfolgreichen Irak-Workshop hoffen wir auf Ihre Unterstützung, liebe Leser:innen, für einen weiteren Workshop im Jahr 2022 zu Umweltjournalismus mit Frauen aus Ländern des Nahen Ostens und Nordafrika: „Her Turn – Supporting Women in Reporting Environmental Affairs“.
Mit Grüßen
Petra Bornhöft und Sven Recker
Projektleitung Irakworkshop
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