heute in bremen
: „Ohne die Werft gäbe es mich nicht“

Foto: Marianne Menke

Katrin Bretschneider

ist die Regisseurin, Autorin und Produzentin des Audiowalks „Shaking Hands With Ghosts“.

Interview Pia Tönnissen

taz: Frau Bretschneider, „Shaking Hands With Ghosts“ – was soll das sein?

Katrin Bretschneider: Es handelt sich um einen Audiowalk, der sich mit der Geschichte der AG Weser beschäftigt, dem Wandel der Arbeit und der Frage, wie sie in Zukunft aussehen kann. Dabei wird man per Kopfhörer über das leere Gelände der ehemaligen Werft geführt. Heute steht da die Waterfront, mit einem riesigen leeren Platz drumherum. Über O-Töne von Zeitzeugen, räumliche Klangcollagen und großflächige Projektionen wird die Vergangenheit heraufbeschworen. Wir wollen aber nicht nur erzählen was war, sondern auch fragen, was bleibt und was kommt.

Welche Geister hört man denn dann?

Die der Vergangenheit und der Zukunft. Das Therma der Flüchtigkeit und Schattenhaftigkeit spielt dabei eine wichtige Rolle.

Warum auditiv?

Weil man an diesem Ort außer Leere und epischer Weite nichts mehr sehen kann. Über das, was man hört, kann heraufbeschworen werden, wie die Werft mal gewesen ist. Der Reiz liegt im Kontrast zwischen dem, was man nicht sieht, und dem, was man hört.

Das heißt, man hört Leute auf Metall hämmern?

Man hört eine Geräuschcollage aus technischen Geräten, Werkzeugen, Fahrzeugen und so weiter. Über eine Klangcollage wird die ehemalige Werft räumlich erlebbar.

Welche Rolle spielt die Werft für Sie?

Meine Eltern haben dort gearbeitet und sich kennengelernt. Ohne die Werft gäbe es mich nicht. Ich bin mit dem Arbeitsbegriff der Werft verbunden und damit groß geworden. Heute, mit einer künstlerischen Ausbildung, habe ich einen ganz anderen Arbeitsbegriff. Durch die Digitalisierung und Globalisierung hat sich der stark gewandelt – und er wandelt sich immer noch.

Die Ar­bei­te­r*in­nen der AG Weser waren Asbest ausgesetzt; viele erkrankten an Asbesthose. Wird diese Vergangenheit nicht verklärt?

Nein, das wird in dem Projekt thematisiert. Wie Geschichte erzählt wird, spielt natürlich eine Rolle. Es geht darum, wie Arbeitsbegriffe geprägt werden, wie Geschichte geschrieben, erzählt wird.

Wen möchten Sie mit dem Audiowalk erreichen?

Ich hoffe und wünsche mir, dass Menschen mit verschiedenen Hintergründen und Perspektiven kommen. Kritische, erinnernde, analytische und verklärende Stimmen. Das Projekt hat verschiedene Ebenen und ich hoffe, dass das dazu führt, dass verschiedene Menschen verschiedene Dinge daraus mitnehmen können.

Audiowalk „Shaking Hands With Ghosts“: Einlass um 18.30 Uhr, AG-Weser-Straße 3, Tickets auf www.schwankhalle.de