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Metropole

Harriet Wolff, waschechte Neuköllnerin seit 1999.

Ich war neu und ich war neugierig. Unschuldig neugierig, das auch. Dieser Tage vor jetzt 22 Jahren, damals. Ich stiefelte also mit Lämmchenblick ins Untergeschoss der weltweit ranzigsten U-Bahn-Station, des Bahnhofs Schönleinstraße auf der Berliner U-Bahn-Linie 8 gelegen, just zwischen Neukölln und Kreuzberg. Ein Hort der Tristesse, meiner Wohnstatt am nächsten und mich heute noch faszinierend, mittlerweile aber mit abgebrühterem Blick. Mein Begehr, den guten alten Falkplan Berlin unter den Arm geklemmt, war, dort ein respektables Ausweisfoto meiner selbst im Foto-Maten schießen zu lassen. Ich riss also den, das fiel mir in meinem jugendlichen Überschwang gar nicht auf, derbe zerfetzten, müde königsblau schimmernden Vorhang auf. Jemand war dort schon am Tun, kniete vor dem Automaten. Ich guckte bass erstaunt, der Mensch in der Maschine nahm null Notiz von mir, was ich zugezogene Münchner Landpomeranze ungebührlich fand. Blass und schmächtig war der Mensch am Schießen, er setzte sich einen Schuss. Meinen Blick konnte ich nicht abwenden, als er plötzlich mit glasigem Blick durch mich durchblickte. Dieses Durch- Menschen-Durchblicken, wird es unerträglich seltsam, das habe ich von ihm gelernt. Ohne Drogen.

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