: Haftstrafe für Frankreichs Expräsidenten Sarkozy
Sarkozy ist laut Gericht der illegalen Wahlkampffinanzierung schuldig. Die Strafe darf er als elektronisch überwachten Hausarrest mit Fußfessel verbüßen
Aus Paris Rudolf Balmer
Der frühere französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy ist am Donnerstag in der sogenannten Bygmalion-Affäre vom Pariser Strafgericht der illegalen Finanzierung seiner Wahlkampagne von 2012 für schuldig erklärt und zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Laut Gericht darf er diese Strafe aber ohne Gefängnisaufenthalt mit einer Überwachung durch eine elektronische Fußfessel verbüßen.
Dem Gericht zufolge überschritt der 66-Jährige 2012 die gedeckelten Wahlkampfkosten bei seiner letztlich gescheiterten Wiederwahlkampagne. Der Expräsident habe „bewusst darauf verzichtet, die Kosten unter Kontrolle zu halten“, sagte die Vorsitzende Richterin Caroline Viguier. Insgesamt waren 14 Personen wegen Betrugs und illegaler Finanzierung des Wahlkampfs angeklagt, darunter die Leiter von Sarkozys Kampagnenteam. Alle wurden zu teilweise auf Bewährung ausgesetzten Haftstrafen zwischen zwei und dreieinhalb Jahren verurteilt.
Sarkozy hat seinen Anwalt Thierry Herzog sogleich mitteilen lassen, dass er Berufung einlegt – wie schon im März dieses Jahres nach seiner Verurteilung zu drei Jahren Haft (davon zwölf Monate ohne Bewährung) wegen versuchter Bestechung eines Richters. Auch laufen gegen ihn noch Ermittlungen wegen des Verdachts auf illegale Finanzierung seiner Wahlkampagne von 2007 durch unterschlagene Gelder aus Libyen.
Sarkozy weist jegliche Schuld empört zurück. Er hatte im Verlauf der fünfwöchigen Verhandlungen im Frühsommer jegliche persönliche Verantwortung für das illegale System zur Verheimlichung von Auslagen für Wahlveranstaltungen durch eine doppelte Buchhaltung abgestritten. Vermutlich in Erwartung einer Verurteilung war er am Donnerstag selber nicht vor Gericht erschienen.
Sarkozy hatte 2012 zunächst wohl geglaubt, dass er am Ende seiner fünfjährigen Amtszeit mit einer Blitzkampagne den Kampf um seine Wiederwahl gegen den nicht sehr charismatischen Sozialisten François Hollande spielend gewinnen würde. Als sich im Gegenteil negative Prognosen häuften, beschloss er, einen Sprint mit fast täglichen Großveranstaltungen anzugehen, die nur mit einem organisatorischen Riesenaufwand möglich waren.
Plötzlich war nichts zu groß und zu teuer. Dabei wurde zwangsläufig die vom Gesetz vorgesehene Höchstgrenze von 22,5 Millionen Euro für die gesamten Kampagnenkosten überschritten, und zwar mit insgesamt 42,8 Millionen um fast das Doppelte.
Um dies zu verheimlichen, fand das Wahlkampfteam zusammen mit der für die Organisation zuständigen Firma Bygmalion einen Trick: Ein Großteil der zusätzlichen Ausgaben wurde nicht der Kampagne von Sarkozy, sondern dessen Partei UMP für völlig fiktive Konferenzen in Rechnung gestellt. Das Gericht hält es für erwiesen, dass nicht nur die Verantwortlichen bei Bygmalion, sondern auch das gesamte Wahlkampfteam und Sarkozy selber dies gewusst hatten. „Es war nicht sein erster Wahlkampf, er hatte Erfahrung als Kandidat, Kenntnisse des Rechts“, sagte die Richterin.
Noch vor dem Auszählen der Stimmen am Wahlabend 2012 bestand der Verdacht, dass Sarkozy mit diesen im amerikanischen Stil und jeweils Tausenden von Sympathisanten inszenierten Wahlmeetings die Limits des offiziell erlaubten Budgets maßlos überschritten hätte. Doch erst 2014 platzte die „Bygmalion-Affäre“, als der Exvizechef der Kampagne, Jérôme Lavrilleux, im Fernsehen die Machenschaften enthüllte. Trotz seines Mediengeständnisses, das danach die Ermittlungen ins Rollen brachte, ist auch er wegen seiner Rolle bei diesem Betrug schuldig gesprochen und zu drei Jahren Haft verurteilt worden.
Dieser zweite Schuldspruch der Justiz innerhalb weniger Monate ist ein herber Rückschlag für den Expräsidenten, der bisher auf die Solidarität seiner politischen Familie zählen konnte. Auch gestern versicherten ihm mehrere konservative Parteifreunde als Reaktion auf das Urteil ihre unverbrüchliche Freundschaft. Seine Chancen auf ein allfälliges politisches Comeback, auf das viele seiner immer noch zahlreichen Fans hofften, dürften nach der zweifachen Diskreditierung durch die Justiz allerdings sinken.
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