Die Wahrheit: Mayos verfluchte Fußballer

Vor 70 Jahren gewann die Grafschaft Mayo mit ihrem Team das letzte Mal ein Finale im Gaelic Football. Schuld ist eine Beerdigung.

Es bleibt dabei: Mayo ist verflucht. Heinrich Böll wunderte sich in den fünfziger Jahren, warum die Iren immer „God help us“ sagen, sobald der Name der nordwestirischen Grafschaft fällt. Aber am Samstag blieb Gottes Hilfe aus. Mayo verlor das Endspiel im gälischen Fußball gegen die nordirische Grafschaft Tyrone. Das Finale ist der Höhepunkt im irischen Sportkalender.

Beim Gaelic Football geht es darum, den Ball im gegnerischen Tor unterzubringen. Das zählt drei Punkte. Geht er über die Querlatte zwischen den – theoretisch bis in den Himmel – verlängerten Pfosten, gibt es einen Punkt. Torrichter in weißen Fleischerkitteln wachen mit Argusaugen über die Flugbahn und signalisieren einen Punktgewinn mit Fähnchen. Der Ball darf mit der Hand gespielt, muss jedoch mit dem Fuß vom Boden aufgenommen werden. Über die Behandlung der Gegenspieler gibt es strenge Vorschriften, was unbedarfte Zuschauer kaum für möglich halten. Auch am Samstag gab es kurz vor Schluss eine zünftige Schlägerei.

Am Ende hatte Tyrone mit zwei Toren und 14 Punkten gegen Mayo mit 15 Punkten die Nase vorn, aber das stand ja von vornherein fest. Mayo hatte vor 70 Jahren, im September 1951, zum bisher letzten Mal im Dubliner Croke-Park-Stadion die gesamtirische Meisterschaft gegen die Grafschaft Meath gewonnen. Auf ihrem Triumphzug in einem offenen Lastwagen zurück nach Mayo kam das Team in Foxford vorbei.

In der dortigen Kirche fand eine Trauerfeier statt. Die Spieler hielten jedoch nicht an, um dem Verstorbenen ihren Respekt zu erweisen, wie es den Gepflogenheiten entsprochen hätte, sondern fuhren jubelnd weiter. Das erboste den Pfarrer so sehr, dass er einen Fluch über Mayos Fußballer verhängte: Solange ein Spieler der Mannschaft von 1951 am Leben sei, solle Mayo nie wieder ein Finale gewinnen.

Und so kam es auch. Mayo hatte seitdem zehn Mal das Finale erreicht, aber es nie gewonnen. Einmal verlor die Mannschaft durch zwei späte Eigentore, was beim gälischen Fußball höchst selten vorkommt. Voriges Jahr war das Spiel frühzeitig entschieden, denn Mayo kassierte bereits nach dreizehn Sekunden ein Tor.

Am Samstag wollte man beweisen, dass der Fluch nur eine Legende sei. Mayo galt als Favorit, doch als der Fluch dafür sorgte, dass Mayos Ryan O’Donoghue einen Elfmeter an den Pfosten schoss, verlor seine Mannschaft den Faden und ergab sich in ihr unausweichliches Schicksal.

Vielleicht haben sie nächstes Jahr mehr Glück, denn vom Team von 1951 lebt nur noch der 95-jährige Paddy Prendergast. Als sein Mannschaftskamerad Pádraig Carney 2019 gestorben war, zog Prendergast mit seiner Frau Irene vorsichtshalber in die Grafschaft Kerry im Südwesten. Beim Rivalen fühlte er sich sicher, denn die Menschen in Kerry wollten ihn – und den Fluch – am Leben halten. Nach der elften Niederlage am Samstag ist Prendergast jedoch untergetaucht. Aus Mayo soll ein Killerkommando unterwegs sein.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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