Emeli Glaser
Der Wochenendkrimi
: Kleinstadtkitsch und Weihnachten im Sommer – Neuseeland erschreckend weiß

„Wer schenkt einem nichts und wirkt dabei sehr steif? Der tote Santa“, ist doch gar kein so schlechter Gag – leider der einzige in diesem Krimi Foto: South Pacific Picture/ARD

Wer schenkt einem nichts und wirkt dabei sehr steif? Der tote Santa“, sagt Hilfsdetective Breen am Tatort. Der Bürgermeister des idyllischen Städtchens wurde ermordet – während er ein Weihnachtsmannkostüm trug. Spoiler: Origineller wird es in „Brokenwood – Mord in Neuseeland: Blutige Verlobung“ leider nicht mehr.

Am Sonntag sendet die ARD einen Kleinstadtkrimi voller Watteschnee und leuchtender Plastik-Rentiere. Und das inmitten sonniger neuseeländischer Hitze. So passt die Folge mit dem Originalnamen „Merry Bloody Christmas“ dann fast wieder ins Sommerloch. Wie jeder Krimi beginnt das Ganze mit einer Leiche: Ein beliebter Lokalpolitiker wird von seiner Tochter mit durchgeschnittener Kehle aufgefunden. Dabei hatte er gerade noch von einem Festwagen der Weihnachtsparade herabgewinkt. Die örtlichen Detectives Shepherd und Sims beginnen zu ermitteln. Sie vermuten die Mör­de­r:in­nen unter den politischen Geg­ne­r:in­nen des Toten.

Dann beginnt eine Art Cluedo der lieblosen Stereotype. War es der Hipster mit dem Barbiermesser? Der Agrarlobbyist wegen einer Baugenehmigung? Oder etwa die militante Alt-68erin? „Die soll ziemlich cholerisch sein, wie es für diese verrückten Veganer üblich ist“ (DC Breen). Und wo werden noch Witze über Ve­ga­ne­r:in­nen und Latte macchiato gemacht? In der Provinz.

Trotz Mord und Intrigen gelingt es „Brokenwood“ nicht, abgründig zu sein. Die Coun­try­musik, die sanft im Hintergrund spielt, die hübschen, gut laufenden Einzelhandelsgeschäfte und die sehr freundlichen, sehr weißen Charaktere verraten es: Das hier ist eine Kleinstadtutopie, kein Kleinstadtalbtraum. „Brokenwood“ ist mehr Heimatfilm als Krimi, und das macht ihn unerträglich harmlos.

Dabei hat die Provinz Potenzial! In Österreich hat man die Kunst perfektioniert, die Abgründe des Landlebens nach außen zu stülpen und dabei auch noch lustig zu sein. Man kennt es von Privatdetektiv Brenner, der in einer Pension ein Mordopfer sucht und es dann in seinem Gulasch findet. Oder von der fiktiven Kleinstadt Braunschlag, deren herumhurender Bürgermeister ein Marienwunder vortäuscht, um den Tourismus anzukurbeln.

Kann man die Provinz durch die rosa Brille betrachten und einen guten Krimi machen? Im Fall von „Brokenwood“ ist daraus eine Art Rosamunde Pilcher mit erzwungen lässigen Sprüchen geworden. Kitsch. Wie Weihnachten im Sommer.

„Brokenwood – Mord in Neuseeland: Blutige Ver­lobung“, So., 21.45 Uhr, ARD