piwik no script img

Hollywoods schlaueste Ikone

Schauspielerin und Erfinderin: Das Hamburger Metropolis-Kino würdigt Hedy Lamarr

Nur schön zu sein, das war ihr zu wenig:Hedy Lamarr erfand auch eine wichtige Technik Foto: Filmwelt Verleihagentur

Von Wilfried Hippen

In den 1940er-Jahren galt sie als eine der schönsten Frauen von Hollywood: Hedy Lamarr (1914–2000) war eine Stil-Ikone – Disneys „Schneewittchen“-Version wurde nach ihrem Vorbild gezeichnet. Aber anders als etwa Marlene Dietrich oder Marilyn Monroe hat Lamarr nicht an echten Klassikern mitgewirkt; ihr größter Erfolg war der Monumentalfilm „Samson und Delilah“ (1949). Doch Filmgeschichte schrieb die gebürtige Wienerin dann sogar mit einem ihrer ersten Auftritte: In dem tschechoslowakischen Spielfilm „Ekstase“ (1933) hüpfte sie nicht nur für ein paar Sekunden nackt durchs Bild, es gab auch eine lange Großaufnahme ihres erkennbar sexuell erregten Gesichts. Der Film wurde in vielen Ländern verboten, selbst der Papst war empört – in puncto Aufmerksamkeit war „Extase“ also ein großer Erfolg.

„Du musst nur stillstehen und dumm dreinschauen“: Das hat Lamarr mal über ihre Profession gesagt. Hatte sie als Schauspielerin Ehrgeiz? Oft wirkt sie auf der Leinwand gelangweilt, aber genau dieses fast schon verächtliche Desinteresse machte wohl ihren Appeal aus. Eindeutig interessanter als ihre Filme war aber ihr Leben – und so beginnt das Hamburger Metropolis-Kino seine insgesamt drei Monate dauernde Lamarr-Retrospektive gleich mit einem Höhepunkt: Alexandra Deans Dokumentation „Geniale Göttin – Die Geschichte von Hedy Lamarr“ (2017). Darin wird deutlich, warum Lamarr sich in Hollywood so langweilte: Sie war intellektuell unterfordert. Umso mehr Ehrgeiz entwickelte sie als Erfinderin – und so bekam sie zwar nie einen Oscar, wurde aber 2014 posthum in die US-amerikanische „National Inventors Hall of Fame“ aufgenommen: Zusammen mit dem Komponisten George Antheil hatte sie im Zweiten Weltkrieg eine Methode entwickelt, ferngelenkte Torpedos weniger störanfällig zu machen. Dieses „Frequenzsprungverfahren“ kam damals zwar nicht mehr zur Anwendung, findet aber bis heute Verwendung in Kommunikationstechnik wie Wi-Fi, Bluetooth und GPS.

Ihre ersten Filme drehte Lamarr in den 1930er-Jahren in Europa noch unter ihrem Geburtsnamen Hedwig Kiesler. Das Metropolis zeigt etwa die deutsche Sozialsatire „Die Koffer des Herrn O. F.“ (1931), „Man braucht kein Geld“ mit Heinz Rühmann (1932) und, klar, den erwähnten Aufreger „Ekstase“ von Gustav Machatý. In London entdeckte sie dann der mächtige Studiochef Louis B. Mayer, und sie erhielt einen Vertrag bei MGM. Für ihren ersten und wohl auch besten Hollywood-Film, John Cromwells „Algiers“ (1938), gibt es keine deutschen Kinoverleihrechte, sodass er in der Reihe fehlen muss. Gezeigt werden kann aber „Lady in the Tropics“ (1939) in einer Originalfassung ohne Untertitel. Darin spielt Lamarr eine ihrer wenigen tragischen Rollen: Manon, die Tochter eines Europäers und einer Vietnamesin, begehren viele – aber sie ist dann doch nicht „weiß genug“.

Ebenfalls ohne Untertitel laufen zwei Filme von 1940: „Boomtown“ und – ebenfalls mit Clark Gable – „Comrade X“; in dieser romantischen Komödie gibt Gable einen amerikanischen Spion in Moskau, Lamarr eine überzeugter Kommunistin. Unter der Regie von King Vidor gab sie sich hier mal erkennbar Mühe – und ist so schön wie komisch.

Die Metropolis-Retrospektive umfasst bis Ende September insgesamt 20 Filme. Alle Termine auf www.metropoliskino.de.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen