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Faktenchecks und Medienkompetenz gegen Fake News

Im multiethnischen und multireligiösen Nigeria führen Desinformation und Verschwörungstheorien zu großen Problemen bis hin zum Verlust von Menschenleben

Stephanie Adams ist Referentin für Pressefreiheit beim Premium Times Centre for Investigative Journalism in Abuja und nahm im De­zember 2019 am Nigeria-Workshop der Panter Stiftung in Berlin teil.

Aus Abuja Stephanie Adams

Der Kampf gegen Fake News und Desinformation bleibt eine Herausforderung in Nigeria. Doch wer sind die Täter? Und was sind die Auswirkungen? Es gibt viele Geschichten über die tödlichen Folgen von Fake News in Nigeria. Das geht auch in die Geschichte zurück. Fake News wurden zur Propaganda genutzt – vor allem von den Mächtigen. Sie verbreiteten damit Narrative, die ihren eigenen Interessen am meisten nutzten.

Durch die enorme Verbreitung von Fake News durch Einzelpersonen oder Gruppen haben sie besonders in einer multikulturellen und dynamischen Gesellschaft wie in Nigeria viel Schaden angerichtet. Denn durch die Möglichkeiten des Internets kann plötzlich jeder zum Reporter oder Bürgerreporter werden, der die journalistische Ethik missachtet. Eine der Hauptinstrumente zur Eindämmung von Fake News ist der Faktencheck. Dies ist eine geläufige Methode, um absichtlich verbreitete Verschwörungsmythen zu enttarnen. Diese lenken die Menschen von den wirklichen Problemen und Lösungen ab – aus ethnischen, religiösen, kulturellen oder politischen Gründen.

Wenn sich Fake News ausbreiten, können sie auch zu wirtschaftlichen Problemen führen. So hat sich beispielsweise ein Gouverneur kürzlich über den schlechten Zustand der Wirtschaft ausgelassen und dabei behauptet, dass die Regierung zusätzliche Banknoten im Umfang von 60 Milliarden Naira (131 Millionen Euro) drucken ließ. Doch dies hat die Ministerin für Finanzen, Haushalt und Nationale Planung, Zainab Ahmed, dementiert.

Als letztes Jahr die Coronapandemie ausbrach, lautete eine in den sozialen Medien zirkulierende Verschwörungstheorie, dass die von der 5-G-Breitbandtechnologie ausgehende Strahlung das menschliche Immunsystem schwäche und damit anfälliger für eine Covid-19-Infektion mache. Diese Behauptung wurde noch schwieriger auszuräumen, nachdem ein populärer nigerianischer Prediger sie vor einem großen Publikum wiederholt hatte.

Solche Mythen und Theorien verursachen große Schäden für die nationale Wirtschaft. Wenn damit nicht angemessen umgegangen wird und den Verbreitern solcher Fake News nicht das Handwerk gelegt wird, kann dies zu großem Chaos bis hin zum Krieg führen. Ein Beispiel sind die Proteste gegen die Polizeisondereinheit SARS, die am 20. Oktober 2020 zum Tod friedlicher Demonstranten an der Mautstelle im Stadtteil Lekki in Lagos geführt haben. Während junge Menschen für ein besseres Leben und gegen Polizeigewalt protestierten, änderte sich urplötzlich das Narrativ und die jungen Demonstranten wurden als Schläger dargestellt, die für ihren regierungskritischen Protest bezahlt würden.

In Nigeria hat sich der Kampf gegen Fake News als sehr mühsam herausgestellt, vor allem in den sozialen Medien. Auch wenn Fake News meist absichtlich verbreitet werden, um für Chaos zu sorgen, gibt es auch die umgekehrte und ebenso heimtückische Variante der Desinformation, Tatsachen plötzlich zu Fake News zu erklären.

Weil Verschwörungsmythen von Menschen und nicht von Bots, die auch bedrohlich sind, verbreitet werden, bedarf es das fortgesetzte Eintreten sowohl für Medienkompetenz als auch für die Entlarvung von Fake News. Organisationen wie Dubawa in Nigeria und das weltweite Internationale Fact Checking Network kämpfen gegen den Strom gefälschter Nachrichten. Immer mehr Medien richten eigene Stellen zum Faktencheck ein. Der Kampf gegen Fake News und ihre realen Folgen ist eine so große Aufgabe, dass sich von den Journalisten bis zu den Medienkonsumenten alle daran beteiligen sollten. Genau deshalb wird auch die Rolle der Medien weiter relevant bleiben.

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