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das ding, das kommtSymbole für Schutzräume gesucht

Die Fassade erinnert ein bisschen an die der Elbphilharmonie: Mal fällt das Sonnenlicht hierhin, mal dorthin, lässt mal diese Glasscheibe blinken, mal jene. Nur dass in die Außenhaut des bald eröffnenden Erweiterungsbaus des Bremerhavener Auswandererhauses Porträts von EinwandererInnen eingelassen sind. Mal sind sie sichtbar, mal nicht, je nach Licht und Einfallswinkel.

Das spiegelt sehr schön den komplexen Prozess der Integration: Mal scheinen alle gleich. Dann wieder ändert sich der Einfallswinkel – analog, im realen Leben die politisch-ideologische Perspektive –, und Unterschiede werden grell angestrahlt.

So wird es auch im Inneren des Neubaus sein: Debatten und Konflikte in Einwanderungsgesellschaften werden ausgeleuchtet, die von den „Ostflüchtlingen“ nach 1945 über die „Gastarbeiter“ der 1960er- und 1970er-Jahre bis zu den Geflüchteten seit 2015 reichen.

Und die Geschichten sind weitergegangen. Viele haben sich einzurichten versucht und Zufluchten gefunden, wenn der fremde Alltag zu drückend wurde. Diese geschützten Räume will Christoph Bongert, Mitkurator der Ausstellung, zeigen und auch auf musealer Ebene integrieren.

Aber wie soll man das machen: Räume zeigen im großen Raum, dem White Cube? Ganz einfach, man nimmt Objekte und platziert sie in einer Vitrine. Und genau die sollen, mögen – so der aktuelle Aufruf des Museums – ZuwanderInnen aller Herkünfte und Generationen für die Ausstellung zur Verfügung stellen: Dinge, die für Räume stehen, „in denen Selbstbestimmung möglich ist. In denen man sich entfalten und frei sprechen kann, ohne Vorgaben der Mehrheitsgesellschaft unterworfen zu sein“, sagt Bongert.

Das kann ein Tasse aus einem Café, ein Instrument aus der Musikband, ein Kleidungsstück aus dem Sportverein oder ein Erinnerungsstück an eine interkulturelle Veranstaltung sein, in der vorurteilsfreies Miteinander möglich war. Denn es gehe ja nicht um exklusive, nur der jeweiligen Zuwanderergruppe vorbehaltene Räume, sondern um Orte von Freiheit und Geborgenheit, sagt Bongert. Und auch darum, nicht nur von KuratorInnen ausgewählte Objekte zu zeigen, sondern auch solche, die die Betroffenen selbst wichtig und bedeutsam fänden, sagt Bongert. Und es sollten möglichst keine Fotos, sondern dreidimensionale, nicht zu große Gegenstände sein.

Sie werden alle nebeneinander in der Vitrine liegen, nur durch das Motto „Sinnbilder für Freiräume“ vereint. Damit die BesucherInnen aber auch die zugehörigen Geschichten erfahren, werden sie an einer Hörstation kurze Statements der Schenkenden erlauschen können. Und begreifen, dass die Gegenstände so banal gar nicht sind. Sondern mit Erlebnissen, Emotionen, Bedeutung aufgeladen. Petra Schellen

Sinnbilder für Freiräume: Ausstellung ab Ende Juni, Auswanderermuseum Bremerhaven. Bis zum 30. April können Interessierte noch ein Foto eines entsprechenden Gegenstandes mit einer kurzen Beschreibung ans Museum schicken: info@dah-bremerhaven.de, Betreff „Stadtteiltreff“

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