: Dienste sollen schneller Daten tauschen
Innenminister Schily plant eine Antiterrordatei. Die Polizei jedoch soll darauf nur begrenzten Zugriff bekommen
FREIBURG taz ■ Die Erkenntnisse von Polizei und Verfassungsschutz über Terroristen sollen in einer gemeinsamen Datei vernetzt werden. Bundesinnenminister Otto Schily arbeitet an einem entsprechenden Gesetzentwurf, der der taz vorliegt. Die Datei soll internationalen Terrorismus jeder Art erfassen, also auch Links- und Rechtsterroristen. Ursprünglich war geplant, den Entwurf am Mittwoch im Kabinett zu beschließen, aber SPD und Grüne meldeten noch Abstimmungsbedarf an.
Ziel des Entwurfes ist die erleichterte Zusammenarbeit von Polizei und Geheimdiensten. Bisher dürfen diese zwar auf Anfrage Informationen austauschen, doch vor allem der Polizei bleibt oft unklar, welche Informationen die siebzehn Verfassungsschutzämter in Bund und Ländern besitzen. Laut dem geplanten Gesetz soll eine gemeinsame Indexdatei von Polizei und Geheimdiensten eingerichtet werden, die zumindest das Auffinden von Informationen erleichtert. Um Daten zu einer konkreten Person zu erhalten, muss die Polizei dann aber immer noch eine Anfrage beim jeweiligen Dienst stellen.
Die Union und der Bundesrat hatten eine Volltextdatei gefordert, die der Polizei vollen Zugriff auf die Informationen des Verfassungsschutzes eröffnet hätte. Das lehnten aber nicht nur Datenschützer, sondern auch die Geheimdienstler ab. Sie wollen unter Kontrolle haben, was sie der Polizei mitteilen, aus Angst, internationale Partnerdienste würden sonst nicht mehr mit ihnen zusammenarbeiten.
Diese müssen sie nun jedoch nicht haben. Der Verfassungsschutz konnte im Schily-Entwurf sogar ein Verfahren durchsetzen, das sich „verdeckte Speicherung“ nennt. Dabei würde der Polizei nicht angezeigt, dass sie mit einer Anfrage in der Datei einen Treffer gelandet hat. Beim Verfassungsschutz dagegen würde dieser Treffer sehr wohl signalisiert. Dort könnte man dann in Ruhe entscheiden, ob man die Polizei kontaktiert. Damit dieses Verfahren der Polizei überhaupt Erkenntnisse bringt, wird sie genau sagen müssen, warum sie sich für eine bestimmte Person interessiert – ein vages Nachforschen würde beim Verfassungsschutz kaum auf Kooperation stoßen. Ein konkreter Anschlagsverdacht dagegen führe wohl eher zu Hilfsbereitschaft.
Polizei und Verfassungsschutz müssen laut dem Entwurf alle Personen und Organisationen in die neue Fundstellendatei eingeben, die mit internationalem Terrorismus zu tun haben oder international ausgerichtete Gewalt befürworten. Vermutlich wird eine Indexdatei nach Schily-Muster einige hundert islamistische Einträge aufweisen.
Neben dieser neuen Indexdatei sieht das Antiterrordatei-Gesetz auch noch eine zweite Innovation vor. Erstmals sollen Polizei, Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst gemeinsame Projektdateien einrichten dürfen. Es gibt zwar schon bisher gemeinsame Analyseprojekte der beteiligten Dienste, etwa zum Thema „Netzwerke arabischer Mudschaheddin“. Doch mussten Polizei und Geheimdienste ihre Erkenntnisse immer in separaten Dateien archivieren. Künftig soll bei solcher Zusammenarbeit eine gemeinsame Projektdatei mit Volltext geschaffen werden. Spätestens nach vier Jahre muss die dann aber auch wieder aufgelöst werden.
Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Silke Stokar, hat der Indexdatei bereits grundsätzlich zugestimmt, sieht aber noch Beratungsbedarf wegen der Projektdateien. Ihr SPD-Kollege Dieter Wiefelspütz sieht die Verzögerung gelassen. „Wir kriegen das Gesetz in den letzten Wochen dieser Wahlperiode eh nicht mehr durch.“ Ihm geht es nur noch darum zu zeigen, dass Rot-Grün „nicht untätig ist“.
CHRISTIAN RATH