Jahresbericht der Wehrbeauftragten: Ein bisschen härter angepackt

Seit Mai ist Eva Högl Wehrbeauftragte des Bundestags. In ihrem ersten Jahresbericht setzt sie andere Schwerpunkte als ihr geschasster Vorgänger.

Soldaten vom Gebirgsjägerbataillon 23 laufen bei einer Übung mit einem Muli über den Übungsplatz

Foto: Sven Hoppe/dpa

BERLIN taz | Auch Eva Högl kam die Pandemie ungelegen. Dienstreisen in die Einsatzgebiete der Bundeswehr waren der SPD-Politikerin im vergangenen Jahr nicht möglich, mit den Sol­da­t*in­nen im Ausland konnte sie bisher nur per Videokonferenz sprechen. Besser als nichts, sagt die Wehrbeauftragte des Bundestags. Besonders glücklich ist sie mit den Truppenbesuchen aus dem Homeoffice aber nicht: „Das ersetzt nicht den persönlichen Eindruck vor Ort“, so Högl am Dienstag bei der Vorstellung ihres Jahresberichts in Berlin.

Der Einstieg ins neue Amt verlief also erschwert. Erst seit Mai 2020 ist Högl Wehrbeauftragte und damit dafür zuständig, die parlamentarische Kontrolle der Bundeswehr zu unterstützen. Fraktionschef Rolf Mützenich hatte die langjährige Abgeordnete auf den Posten gehievt. Der Militärkritiker hatte sich damit gegen zwei Genossen entschieden, die der Bundeswehr nahestehen: Högls Vorgänger Hans-Peter Bartels, der gerne weitergemacht hätte, und Johannes Kahrs, der auch Ambitionen hatte und kurz nach der Entscheidung von allen Ämtern zurücktrat.

Ob sich der Ärger aus Mützenichs Sicht wohl gelohnt hat? In ihrem ersten Jahresbericht setzt Högl zumindest etwas andere Schwerpunkte als ihr Vorgänger. Sie stellt sich zwar nicht gerade gegen die Bundeswehr. Mützenichs Entscheidung, die Bundestagsabstimmung über bewaffnete Drohnen zu verschieben, kritisiert sie offen. Und wie schon Bartels in den vergangenen Jahren fordert auch sie, dass der Militäretat weiter steigt.

Eine konkrete Zahl nennt sie aber nicht. Das 2-Prozent-Ziel der Nato erwähnt sie im Bericht anders als ihr Vorgänger kein einziges Mal. Stattdessen fordert sie, das Vergaberecht und die Vergabeverfahren der Bundeswehr zu verbessern. „Die Haushaltsmittel müssen auch in der Truppe ankommen und sichtbar werden“, schreibt Högl.

Schwerpunktthema Extremismus

Noch vor die Kapitel zu Finanzen und Ausstattung setzt die neue Wehrbeauftragte aber ein ganz anderes Thema: den Extremismus in der Bundeswehr. „Mir ist sehr wichtig, zu betonen, dass es keinen Generalverdacht gibt. Wir sehen aber auch, dass wir ein gestiegenes Meldeaufkommen haben“, sagt Högl am Dienstag. 211 „meldepflichtige Ereignisse“ habe es 2020 in diesem Bereich gegeben.

In erster Linie waren darunter offenbar rechtsextreme Ereignisse. Darauf weisen zumindest die Beispiele hin, die Högl im Bericht auflistet. Dort geht es um Hakenkreuze in Chatgruppen, „Sieg Heil“-Rufe in der Öffentlichkeit und T-Shirts mit der Aufschrift „Reichsbürger“. Einen besonderen Fokus legt die Wehrbeauftragte außerdem auf die Waffenfunde und rechtsextremen Vorfälle im Umfeld des Kommandos Spezialkräfte (KSK).

Die erst vor Kurzem bekannt gewordene Amnestie-Aktion, bei der KSK-Angehörige entwendete Munition gegen Straffreiheit zurückgeben durften, kommt im Bericht allerdings nicht vor. Die KSK-Verantwortlichen hatten auch Högl nicht davon erzählt. „Bevor ich das in der taz gelesen habe, habe ich davon nie gehört“, sagt sie.

Zwei Maßnahmen gegen den Rechtsextremismus in der Truppe schlägt Högl vor. Zum einen möchte sie die politische Bildung in der Bundeswehr stärken. Zum anderen will sie Disziplinarverfahren beschleunigen, indem die zuständigen Stellen mehr Personal bekommen. Als Beispiel nennt Högl die mittlerweile berüchtigte KSK-Party, bei der die Beteiligten im April 2017 Rechtsrock hörten und Hitlergrüße zeigten. „Bis heute ist dieser Vorgang nicht abgeschlossen und sanktioniert. Fast vier Jahre, das ist definitiv zu lang.“ Das KSK auflösen will Högl aber nicht. Die Eliteeinheit müsse „einen Neustart in die Zukunft machen können“, schreibt sie in dem Bericht.

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