Gute Siegel, schlechte Siegel

Eine Vielzahl von Labels prangt auf Lebensmitteln. Was bedeuten sie, und wie sehr kann man ihnen vertrauen? Eine Übersicht

Darauf kann man käseknabbernd anstoßen: Dieses ­Siegel ist bislang hauptsächlich bei Wein und Käse zu finden. 31 Lebensmittel aus Deutschland sind derzeit mit dem Siegel geschützt, EU-weit sind es mehr als 1.900. Dazu zählen „Allgäuer Emmentaler“ und „Parmaschinken“. „g.U.“ steht für „geschützte Ursprungsbezeichnung“. Das Siegel garantiert, dass das Produkt aus einem bestimmten Gebiet kommt und nach bestimmten Kriterien hergestellt wurde. Zudem müssen alle Produktionsschritte in der betreffenden Region erfolgt sein. Vorsicht: Das g.U.-Siegel kann leicht mit dem Siegel „geschützte geografische Angabe“ (g.g.A.) verwechselt werden. Mehr dazu weiter unten.

Das Fairtrade-Siegel wird von der Ver­brau­cher­zen­trale und von CI Romero empfohlen. Denn das kleine Siegel steht für Großes: Mindestpreis, Verbot von Kinderarbeit, Gesundheits- und Arbeitsschutzmaßnahmen, Verbot von Gentechnik und Förderung der Umstellung auf den Bioanbau. Das gilt für Monoprodukte wie Kaffee oder Tee, aber auch für Mischprodukte wie Schokolade oder Kekse.

Doch aufgepasst: Wenn in der Fa­brik herkömmliche und fair gehandelte Rohstoffe vermischt werden, kann zwar ein Fairtrade-Siegel auf der Verpackung sein, es ist aber nicht sicher, wie viel fair gehandelte Ware tatsächlich in dem Produkt ist. Denn Produkte mit Fair­trade-Siegel müssen seit 2011 nur noch 20 Prozent fair gehandelte Zutaten enthalten. CIR empfiehlt daher das Gepa-fair-plus-Siegel: Hier stammen mindestens 50 Prozent der Zutaten aus fairem Handel.

Ein ­guter Fang: Das Naturland-Wildfisch-Siegel hat einen viel besseren Ruf als das MSC-Siegel, das wegen Überfischung in der Kritik steht. Das Naturland-Wildfisch-Siegel untersagt den Einsatz von Grundschleppnetzen und Fangmethoden, die etwa zur Beschädigung von Korallenriffen führen könnten. Hinzu kommen Vorschriften über Fanggeräte und die Mindestgröße der Fische. Die Verbraucherschutzzentrale merkt jedoch an, dass bislang nur sehr wenige Fischereiprojekte so zertifiziert seien. Zu den Naturland-Richtlinien zählen auch strengere Vorgaben für die Standortwahl, Mengenbegrenzungen sowie Vorschriften für den Transport von Fischen. Zudem zeigt das Naturland-Siegel auch, dass soziale Kriterien wie faire Arbeitsbedingungen in den Betrieben erfüllt sind. Deswegen wird Ware mit diesem Siegel auch von CI Romero empfohlen.

Von Amonte Schröder-Jürss

Die natür­liche Lebens­erwartung eines Schweins liegt bei acht bis zehn Jahren. Durchschnittlich einmal alle 17 Jahre wird ein konventioneller tierhaltender Betrieb in Deutschland kontrolliert – also in etwa einmal alle zwei Schweineleben. Betriebe mit dem Bio-Siegel hingegen werden mindestens einmal im Jahr besucht. Auch die Produkte werden überprüft: Chemische Pestizide sind verboten, genauso wie Gentechnik oder Massentierhaltung. Die regelmäßigere Überwachung des Tierwohls steht im Vordergrund. Betriebe, die das Siegel tragen, arbeiten zudem nach strengen Richtlinien, die über den gesetzlichen Mindest­standard für Biolebensmittel hinausgehen.

Nicht alles ist Gold, was glänzt: Dieses kleine goldene ­Zeichen sieht ganz hübsch aus. Muss es auch – es dient schließlich ­Werbe­zwecken. Das Siegel soll zum Kauf verführen. Dafür genügt oft schon die Farbe Gold. Doch sagt das Gold nichts über die Qualität der eingesetzten Rohstoffe aus. Hier werden ausschließlich Geschmack und Konsistenz der Produkte bewertet. Die Teilnahme an DLG-Qualifikationsprüfungen ist für die Hersteller – Über­raschung – auch freiwillig.

Das ­griffige Kürzel ­bedeutet „­ge­schütz­te geografische Angabe“. Das klingt gut heißt aber wenig. Das Siegel ­bescheinigt lediglich, dass eine Stufe der Produktion in dem genannten Gebiet stattgefunden hat. Wenn Sie also beim Grillabend heimische Rostbratwurst genießen, könnte es sein, dass das knusprige Schweinefleisch aus Dänemark, Polen oder den Niederlanden stammt und nur die Herstellung der Wurst tatsächlich in der genannten Region stattfindet.

Das Gutmensch-Gefühl in uns wächst mit der Menge der gelabelten Produkte in unseren Einkaufswagen. Wir lieben Labels. Sie wecken Vertrauen und geben Sicherheit. Dabei bedeutet Label zunächst nur eine Art Etikett, das auf den Lebensmitteln angebracht ist. Aber wie glaubwürdig sind diese Labels? Welchen kann man vertrauen? Welche dienen Werbezwecken?

Q steht für Qualität, S für Sicherheit – das passt, denn das Siegel wurde von der „Qualität und Sicherheit GmbH“ kreiert, einer Gesellschaft der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Es entstand nach der BSE-Krise im Jahr 2001 als „freiwillige Selbstverpflichtung“. Ursprünglich für die Fleischproduktion gedacht, wurde es auf Obst, Gemüse, Kartoffeln und Geflügel erweitert. Im Fokus stehen Qualitäts-, Prozess- und Rückverfolgbarkeitssicherung. Die Verbraucherzentrale kritisiert, dass sich die Kriterien für das Siegel kaum von den gesetzlichen Mindestanforderungen unterscheiden. Das QS-Siegel sei als Prüfzeichen und nicht als Qualitätssiegel zu bewerten.

Das MSC-Siegel des „Marine Stewardship Council“ steht schon lange in der Kritik, weil es keine Vorgaben für das Tierwohl beim Fischfang oder für ­Mindestlöhne in den Betrieben macht. Besonders Umweltorganisationen kritisieren Mangel an Transparenz und die Qualität der Zertifizierungen. Denn eine verantwortungsvolle Fischerei darf weder zu Überfischung noch zur ­Zerstörung von Lebensräumen führen. Aus Sicht von Greenpeace wurden bereits mehrere Bestände, für die das Siegel vergeben wurde, zu stark befischt. Ein weiterer Kritikpunkt: MSC zertifiziere zu wenige Fischereien aus Entwicklungsländern. Nur 21 solche Fischereien seien bislang zertifiziert worden – gerade mal 9 Prozent aller MSC-Fischereien.

Wir haben bei der Verbraucherzen­trale und bei der NGO CI-Romero nachgefragt. Sie unterscheiden sich in den Kriterien der Bewertung. Bei der NGO steht nicht nur das Produkt im Vor­dergrund, sondern auch die Wirkung des Produkts vor Ort. Dazu zählen ­menschenwürdige Arbeitsbedingungen, Stärkung der Zivilgesellschaft, Selbstbestimmung von Frauen und der indigenen Bevölkerung oder Klimaschutz.