Waffenstillstand in der Ostukraine: Das Sterben geht weiter

Drei ukrainische Soldaten werden von einer Mine getötet. Beobachter warnen vor einer erneuten Eskalation des Konfliktes bis Mitte des Jahres.

Präsident Wolodimir Selenski beim Truppenbesuch in der Ostukraine läuft Schutzweste und Helm neben Soldaten

Präsident Wolodimir Selenski beim Truppenbesuch in der Ostukraine am vergangenen Donnerstag Foto: Ukrainian Presidential Press Office/ap

KIEW taz | An der Front in der Ostukraine sind erneut Menschen ums Leben gekommen. Am Sonntagmorgen waren drei ukrainische Soldaten in der Nähe der Waffenstillstandslinie bei Nowoluhanske auf eine Mine getreten. Die drei waren auf der Stelle tot. Präsident Wolodimir Selenski hat Verteidigungsminister Andrej Taran und den Oberkommandierenden der Streitkräfte, Ruslan Chomtschak, zur Untersuchung der Todesfälle in die Region entsandt.

Der jüngste Vorfall zeigt, dass der seit dem 27. Juli 2020 gültige Waffenstillstand nur noch an einem seidenen Faden hängt. Seit dem 27. Juli 2020 sind 18 ukrainische Militärs ums Leben gekommen, davon allein vier im Januar und zehn im Februar.

Eine weitere Verschärfung des Konfliktes sei unausweichlich, zitiert das Portal der Wochenzeitung NV Alexey Arestovych. Er ist Berater des Stabes im Präsidialamt und Mitglied der ukrainischen Delegation in der trilateralen Kontaktgruppe in Minsk. Spätestens bis Sommer werde es zu dieser Eskalation kommen. Auch Arestovychs Chef, Stabschef Andrej Ermak, meint, dass „man Verhandlungen nicht fortführen kann, solange sie unsere Leute töten“.

Anfang des Monats hatte Innenminister Arsen Awakow von neuen Gewaltausbrüchen berichtet. Von einem Friedensprozess könne keine Rede sein, zitierte die NV Awakow. Und Leonid Krawtschuk, der erste Präsident der unabhängigen Ukraine und derzeit Chef der ukrainischen Delegation bei den Verhandlungen in Minsk, schlägt im Fernsehsender Ukraina 24 vor, jeden Schuss sofort mit einem Gegenschuss zu beantworten. „Die Reaktion muss in allem hart sein, ansonsten legen sie unsere Zugeständnisse als Schwäche aus“, so Krawtschuk.

Keine Karten über Minenfelder

Diametral entgegengesetzt wertet man die jüngste Gewalt in der „Volksrepublik Luhansk“. Die drei ukrainischen Soldaten seien ums Leben gekommen, weil sie auf eine ukrainische Mine getreten seien, sagte Jakow Osadtschij, offizieller Sprecher der „Volksmiliz“. Die drei hätten keine Karten über Minenfelder bei sich gehabt. Unterdessen berichten russische Medien am Montag von einem Mordanschlag auf einen namentlich nicht genannten Kommandeur der „Volksrepublik Luhansk“. Der Mann und seine Tochter, die mit im Wagen saß, befänden sich in stationärer Behandlung.

Auch die OSZE berichtet von zahlreichen Verletzungen des Waffenstillstands. Besonders viele registrierte die OSZE am vergangenen Donnerstag. So sei der Waffenstillstand im Gebiet Donezk 894-mal gebrochen worden. Davon seien 848 Schüsse in einer Region abgegeben worden, die von Russland unterstützte Aufständische kontrollierten.

Ein weiteres Opfer der sich verschlechternden Lage ist ein geplanter Gefangenenaustausch. Am 23. Januar hatte die ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Ljudmilla Denisowa Details eines geplanten Gefangenenaustausches mitgeteilt. Doch bis heute warten die Familien der Gefangenen auf ihre Angehörigen.

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