: Parteien gegen neue Linke
Etablierte NRW-Parteien greifen neue Gegnerin an: die Linkspartei. Landes-SPD: „Werden politischen Opportunismus entlarven“. NRW-CDU kämpft wie die Lafontaine-Partei um enttäuschte SPD-Wähler
VON MARTIN TEIGELER
Die nordrhein-westfälischen Parteien schießen sich auf die neue Linkspartei ein. SPD, Grüne und FDP attackieren das Bündnis aus Ex-PDS und Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG), das laut aktuellen Umfragen auch in NRW drittstärkste Kraft bei einer möglichen Bundestagswahl werden könnte. „Wir behandeln die als politische Gegner und werden diesen tolldreisten politischen Opportunismus entlarven“, sagte NRW-SPD-Generalsekretär Michael Groschek gestern zur taz. Besonders wenn Linkspartei-Spitzenkandidat Oskar Lafontaine „mit Fremdenfeindlichkeit kokettiert“, werde die NRW-SPD dagegen klar Position beziehen.
Mitte Juni hatte Ex-SPD-Chef Lafontaine gefordert, es dürfe kein Lohndumping durch „Fremdarbeiter“ geben. Auch Lafontaine-Äußerungen zum Thema Folter stoßen seit Wochen auf Kritik. Politische Gegner werfen ihm vor, gezielt mit rechtspopulistischen Parolen zu hantieren. „Lafontaine hat diese inhaltliche Auseinandersetzung verdient“, sagt Frithjof Schmidt, Landesvorsitzender der Grünen.
Man werde mit der „neuen Konkurrenz“ und mit der Wählerschaft diskutieren, was die Linkspartei eigentlich wolle. „Eine populistische Anlehnung an nationalistische Abschottungstendenzen“ sei keine „moderne, linke Politik“, so Grünen-Landeschef Schmidt. Die Widersprüche der Linkspartei seien bereits sichtbar, etwa wenn die Geschlechterquotierung bei PDS-Landesverbänden aufgehoben werde. Zudem fehlten bei der Linkspartei die Themen Ökologie und Demographie. Die grüne Wählerschaft sei „zu intelligent“, um auf „platten Populismus“ hereinzufallen, so Schmidt.
„Die Grünen als eine Partei der Besserverdienenden müssen diese neue Linkspartei weniger fürchten“, sagt Thorsten Faas, Wahlforscher an der Uni Duisburg-Essen. Als Alternative für Protestwähler sei die WASG/PDS vor allem für die Volksparteien SPD und CDU gefährlich. Enttäuschte SPD-Anhänger, die etwa bei der NRW-Landtagswahl für die CDU gestimmt hätten, könnten sich im Herbst der neuen Partei zuwenden. „Die Linkspartei ist durchaus eine Konkurrenz für die CDU in NRW“, so Faas.
Unlängst hatte der nordrhein-westfälische CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach Lafontaine im Spiegel vorgeworfen, „mit einer gezielten Strategie“ um Wähler vom rechten Rand zu werben. „Lafontaine macht ja kein Geheimnis aus dieser Absicht“, so Bosbach hinzu. Von der Landes-CDU war gestern kein Kommentar zur neuen Linkspartei zu bekommen. „Das ist kein Konkurrent für uns, denn unsere Wähler lehnen die Konzepte von PDS und WASG ab“, sagte hingegen ein Sprecher der Landes-FDP auf Anfrage. Die Linkspartei wolle einen „unbezahlbaren Wohlfahrtsstaat“, die FDP-Wähler dagegen mehr Freiheit. Die Bundes-FDP stellte gestern ein Rote-Socken-Plakat gegen die Linkspartei vor.
Ein PDS-Bundesparteitag hatte am Sonntag die Umbenennung in „Linkspartei“ beschlossen (siehe Infokasten). Die WASG-NRW will ihre Kandidaten allerdings nur dann auf Linkspartei-Listen zur Bundestagswahl antreten lassen, wenn auf dem Wahlzettel im September auch wirklich der Zusatz „PDS“ fehlt. Am 30. Juli muss die bisherige PDS auf einem Landesparteitag in Essen über dieses Ansinnen entscheiden. Falls sich die Sozialisten gegen den WASG-Vorschlag sperren sollten, könnte das geplante Linksbündnis noch in letzter Sekunde platzen.