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Archiv-Artikel

Frieden in der Küche

PEACE FOOD Im Sababa in der Kastanienallee gibt es leckere israelische und iranische Gerichte. Wichtig sind dem israelischen Betreiber die arabischen Einflüsse der Speisen

Ein Ort zum Austausch von Meinungen, ohne Mauern und Polizei vor der Tür

VON OLE SCHULZ

„Alles hängt vom Hummus ab“, sagt Ze’ev Avrahami. Ohne den Kichererbsenbrei gehe in Israel gar nichts. „Wir essen schon morgens um sieben Hummus. Dann geht’s in der Sonne zum Strand oder wieder ins Bett“, sagt der 43-jährige Israeli Avrahami und lacht.

Hummus, ein Lebensgefühl. In Avrahamis kleinem Restaurant Sababa wird der Hummus mit viel Bedacht und Liebe zubereitet. „Guter Hummus braucht seine Zeit und muss umsorgt werden – fast so wie ein Baby“, sagt Avrahami, der selber Vater zweier kleiner Kinder ist. Zum Hummus gehören pürierte Kichererbsen, sämiges Sesammus, Zitronensaft, Knoblauch und frische Kräuter, doch sein Geheimnis liege in der „Tchina“, dem passenden Sesammus, sagt Ze’ev Avrahami.

Im Sababa wird der Hummus oft als Hauptspeise serviert (ab 4,50 Euro) – das kennt man in Berlin trotz der Tradition der arabischen Küche bisher kaum. Wer größeren Hunger hat, für den gibt es Hummus auch mit Kebab (8 Euro), Huhn (9 Euro) und in weiteren Variationen. Im Oktober hat der Israeli Avrahami auf der Kastanienallee sein einfaches Restaurant mit moderaten Preisen eröffnet – ein angenehmer, schlicht eingerichteter Laden, der optisch vor allem durch seine mintgrünen Schriftzüge und Tische vor der Tür auffällt, an den Wänden Fotos aus dem israelischen Alltagsleben, ganz ohne Gewalt – Badende am Toten Meer oder ein Kind, das mit einer Seifenblase spielt.

Am Anfang stand eine Art kulinarisches Heimweh: Nachdem Avrahami an der New Yorker Columbia University studiert hatte, kam er mit seiner deutschen Frau nach Berlin und arbeitete zunächst als Journalist – bis er eines Tages begann, für sich und Freunde Hummus zuzubereiten, weil er nirgendwo in der Stadt welches bekam, das ihm schmeckte. Kurz darauf war die Idee eines eigenen Restaurants geboren.

Damit folgt Avrahami jedoch nicht dem Trend, jüdische Speisen in Berlin populär zu machen – so wie The Kosher Classroom in der ehemaligen Jüdischen Mädchenschule in der Auguststraße oder das benachbarte Ruben & Carla, wo es New Yorker Pastrami-Sandwiches gibt. Avrahami nennt sein Angebot stattdessen „Peace Food“ und spricht ganz bewusst von israelischer Küche.

„In der Küche leben bei uns Juden und Araber in Frieden zusammen.“ Eine solche Toleranz und Offenheit versteht Avrahami als Programm. Sein Sesammus bezieht der Israeli in Berlin etwa von einem libanesischen Händler. „Unter anderen Umständen würden wir uns noch nicht einmal die Hände geben, doch wir sind Freunde geworden.“ Und manchmal kann schon die Namensgebung friedensstiftend wirken: Den Gurken-Tomaten-Salat, im Nahen Osten ein Klassiker, hat Avrahami knapp „Peace Salad“ getauft, um eine oft geführte Debatte darüber zu vermeiden, ob er nun israelischer oder arabischer Salat heiße. Im Unterschied zu jenen koscheren Gerichten, die aus Deutschland oder Osteuropa stammen, bezieht die israelische Küche, wie sie Avrahami versteht, viele arabische Einflüsse mit ein – durch jüdische Einwanderer aus arabischen Ländern. Schakschuka (7 Euro) zum Beispiel – ein in Israel beliebtes vegetarisches Pfannengericht aus Tomaten, Eiern und Paprika – kommt eigentlich aus Libyen.

Eine besondere kulinarische Note erhält das Sababa durch die iranische Herkunft von Avrahamis Eltern. Darum finden sich auch Lieblingsgerichte seiner Mutter auf der Karte – so wie ein ironisch „Iranian Love Bomb“ (8 Euro) genanntes Erbsen-Mandel-Reisgericht. „Die iranische Küche ist süßer und ausgereifter als unsere“, man koche viel Gemüse und benutze oft auch Trockenobst.

Für die Berliner Umstände musste das Konzept eines israelisch-iranischen Hummus-Restaurants allerdings angepasst werden, wo es hier doch Sonne nur gelegentlich und mit Sicherheit keinen Strand gibt. So kommt es, dass Hummus-Restaurants in Israel schon am Nachmittag schließen, während es im Sababa gerade am Abend eng werden kann.

Das Wichtigste war es für Avrahami, einen offenen Laden zu schaffen – einen Ort zum Austausch von Meinungen zwischen Berliner Juden, neugierigen Deutschen und ausländischen Besuchern, „ohne Mauern und Barrieren und ohne Polizei vor der Tür“, wie er es aus Israel kennt.

Zurzeit muss sich Avrahami daneben noch mit allerlei behördlichen Vorschriften und Auflagen herumschlagen. „Das ist nicht ganz normal hier in Deutschland“, sagt er und schüttelt den Kopf. Doch Avrahami bleibt gelassen und vertraut weiter seiner weltoffenen Philosophie: „Wir heißen alle bei uns willkommen.“

■ Sababa, Kastanienallee 50/51, 10119 Berlin, Öffnungszeiten: 12 bis 22 Uhr, www.facebook.com/Sababa.Mamas.Kitchen