Skandale unter Handballchef Moustafa: Der Pharao lädt ein

Der Ägypter Hassan Moustafa ist Präsident des Handball-Weltverbands. Er gilt als autoritär, seit Jahren werden ihm Unregelmäßigkeiten nachgesagt.

Handballpräsident Hassan Moustafa mit Fahne im Vordergrund, dahinter Handballspieler und Publikum

IHF-Präsident Hassan Moustafa (mit Fahne) lässt sich feiern. Im Hintergrund die Weltmeister Foto: Sven Simon/imago

KAIRO taz | Anfang September gab es einen Eindruck von den Bildern, die Hassan Moustafa liebt und die er in den kommenden Wochen zuhauf schaffen möchte. Bei der Gruppenauslosung zur Handball-Weltmeisterschaft waren im Hintergrund die Pyramiden von Gizeh zu sehen, und auf einer Bühne davor stand der Präsident der Internationalen Handball-Föderation (IHF) und kündigte ein „great tournament“ und „great emotions“ an. „Great“, also großartig, muss das Turnier am Nil aus Sicht des Präsidenten mindestens werden, denn für den Ägypter ist die Veranstaltung in seiner Heimat eine Art Geschenk an seine Landsleute – und eine Art Geschenk an sich selbst.

Moustafa ist seit knapp 21 Jahren Präsident des internationalen Handballverbands und die Weltmeisterschaft in seiner Heimat soll zum emotionalen Höhepunkt seiner Amtszeit werden. Das ist spätestens seit Ende 2015 klar, als die WM nach Nordafrika vergeben wurde. Geplant waren volle Arenen, heißblütige Fans, die ihre Mannschaft und ein wenig auch „ihren“ Präsidenten feiern. Das wird nicht mehr möglich sein. Eine maximale Hallenauslastung von 20 Prozent ist wegen der Pandemielage angedacht, nach Protesten europäischer Spieler wird gerade darüber diskutiert, ob ganz auf Fans in den Arenen verzichtet werden soll.

Diskutiert wird seit vielen Jahren auch über Moustafa, der zu den umstrittensten Figuren im internationalen Sport zählt. Bei Pressekonferenzen tritt er mitunter selbstherrlich auf, reagiert unwirsch auf kritische Fragen. Die lange Zeit an der Macht hat ihn allergisch auf Widerspruch gemacht. Moustafa wurde Bereicherung und Untreue vorgeworfen, er wird mit Spielmanipulationen in Zusammenhang gebracht – parallel dazu hat er den Handball weiterentwickelt und mit Vermarktungsdeals für die Zukunft sicher aufgestellt.

Für den Zeitraum von 2019 bis 2025 hat die IHF die Rechte für die Veranstaltungen des Weltverbands für mehr als 160 Millionen Euro an den Vermarkter Lagardère Sports verkauft. Darin enthalten sind die Weltmeisterschaften der Männer, der Frauen sowie einige Junioren-Titelkämpfe. Von Belang für die Vermarktung sind allerdings fast ausschließlich die Turniere der Männer, sodass jede WM knapp 40 Millionen Euro einbringt. Für die IHF bedeutet dieser Deal einen Quantensprung und finanzielle Sicherheit für die nächsten Jahre. Eingefädelt wurde die Vereinbarung von Moustafa.

Opposition kaltgestellt

Der Dankbarkeit vieler Untertanen kann sich der „Pharao“, wie Moustafa wegen seiner Herkunft und seines Führungsstils genannt wird, sicher sein. Ohnehin hat sich der 76-Jährige in den vergangenen beiden Jahrzehnten eine starke Hausmacht in den Gremien des Verbands aufgebaut, Widersacher kaltgestellt und somit seine Macht vergrößert. Er bildete Seilschaften, schaffte sich mit finanzieller Unterstützung vor allem bei den kleineren nationalen Verbänden Rückhalt und ist deshalb vom starken europäischen Verband (EHF) schwer angreifbar. So überstand Moustafa mehrere Skandale, vor zwölf Jahren stand er kurz vor der Ablösung.

Vor dem IHF-Kongress im Juni 2009, passenderweise fand der in Kairo statt, gab es mehrere dubiose Geschichten, in die der Präsident verwickelt war. Bei der Wiederwahl setzte er sich dennoch mit einer großen Mehrheit gegen einen Kandidaten aus Luxemburg durch. „Die IHF bekommt den Präsidenten, den sie verdient“, sagte der unterlegene Jean Kaiser.

Knapp zwei Jahre zuvor hatte eine Spielmanipulation, an der Moustafa beteiligt war, sogar das IOC auf den Plan gerufen. Im Endspiel der asiatischen Olympiaqualifikation hatte Kuwait überraschend gegen Südkorea gewonnen, wobei das Schiedsrichterteam die Koreaner derart offensichtlich benachteiligte, dass der internationale Sportgerichtshof CAS später eine Wiederholung anordnete – die Südkorea für sich entschied. Ursprünglich waren für die Begegnung deutsche Schiedsrichter vorgesehen, ehe Moustafa wenige Stunden vor dem Spiel die Unparteiischen durch ein Duo aus Jordanien ersetzte. Der kuwaitische Scheich Ahmed Al-Fahad Al Sabah war Präsident des asiatischen Handballverbands und ein enger Vertrauter des „Pharaos“.

Moustafa versucht, Freunden zu helfen – kümmert sich aber auch um sich selbst. Der Präsident erhält mehrere 100.000 Euro Aufwandsentschädigung jährlich. Vor einigen Jahren ermöglichte er einen immensen Aufschlag für sich selbst, indem er die Entschädigungen aller Spitzenfunktionäre des Weltverbands anheben ließ. Für ihn selbst war die Steigerung besonders üppig.

Zwischen 2001 und 2007 rechnete er Dienstflüge ab, ohne Belege vorzulegen. Es ging dabei um etwa 500.000 Euro, die Staatsanwaltschaft in Basel, dem Sitz der IHF, wurde wegen des „Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung“ tätig. Der Druck auf Moustafa nahm zu, er hielt sich beim Kongress 2009 dennoch im Amt und ist seither mächtiger geworden.

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