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Am Ende des Regenbogens

Nicht nur Schnellrezepte für Nudelsoßen konnte der mehrfache Vater: Christoph Götz-Geene war ein innovativer Tempelhofer Lokalpolitiker und ungewöhnlicher Mensch. Ein Nachruf

Von Barbara Dribbusch

Dass Christoph Götz-Geene eine schillernde Figur war, sowohl politisch als auch persönlich, das ahnte nicht, wer ihm in den frühen 90er Jahren zum ersten Mal begegnete. Ein besonnener, freundlicher Vater war er, der seine Söhne mit dem Fahrrad in eine evangelische Kita brachte. Es handelte sich um die beiden ersten Söhne von später insgesamt neun Kindern, darunter fünf Pflegekindern, die zu einer Regenbogenfamilie gehörten, in der Christoph einer der zwei Väter war.

Die bürgerliche Umgebung in der Gartenstadt Neu-Tempelhof gewöhnte sich schnell an die Familie in der damals noch ungewöhnlichen Konstellation. Ab und an holte man sich sogar mal einen Rat bei den Vätern, wie man eine so große Kinderschar wuppt. Schnellrezepte für Nudelgerichte mit Käsesoße gehörten zum Konzept, ferner die Idee, aus den Kindern eine Art Team zu formen, in dem man füreinander da ist, und dabei im Alltag nicht allzu pedantisch zu sein.

Um der Familie neue Erfahrungshorizonte zu eröffnen, reisten Christoph und sein Mann mit den Kindern für einige Monate nach Neuseeland und kehrten dann wieder zurück in ihr Haus in der Gartenstadt, in dem nicht nur viele Kinder, sondern auch viele Erwachsene ständig aus und ein gingen.

Christoph, genannt „Mecki“, studierter Architekt und SPD-Mitglied, interessierte sich dabei immer auch für Lokalpolitik. Er, der selbst viel zu Fuß und mit dem Rad unterwegs war, setzte sich für mehr Radspuren ein, für mehr Zebrastreifen und mehr Fußgängerampeln. Seit 2011 war er Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Tempelhof-Schöneberg, stellvertretender Vorsitzender der dortigen SPD-Fraktion und Sprecher für Stadtentwicklungspolitik.

Das städtische Umfeld für die Menschen zu verbessern war Christophs politische Idee, und wer durch Tempelhof schlendert, stößt auf Zebrastreifen, Ampeln, einen Rosengarten, eine Promenade, an denen er beteiligt war.

Der Stadtentwickler setzte sich dafür ein, zwei Woolworth-Kaufhäuser mit einer 50er-Jahre-Architektur unter Denkmalschutz zu stellen, und liebte ungewöhnliche Ideen. Er kämpfte dafür, Supermärkte, in Flachbauten untergebracht, mitsamt den angrenzenden Parkplätzen zu überbauen.

Er setzte sich für mehr Radspuren, Zebrastreifen und Fußgängerampeln ein

Die Stadtautobahn A 100 in Höhe des Schöneberger Kreuzes hätte er gerne überdacht. Dadurch könne in „erheblichem Umfang Fläche für ein neues Stadtquartier gewonnen werden“, sagte er einmal.

Privat lief das Projekt der Großfamilie weiter, auch nachdem die erwachsenen Kinder ausgezogen waren. Während NachbarInnen die ersten Enkelkinder durch die Straßen schoben, begegnete man Christoph mit einem weiteren Pflegekind auf dem Arm. Die Behörden wussten, dass die Adresse in Neu-Tempelhof ein guter Platz war auch für Kinder aus sogenannten schwierigen Verhältnissen.

Anfang 2019 heiratete Christoph seinen langjährigen Lebenspartner Raimund inmitten einer Schar kleiner und großer Kinder. Dann kam der Kampf mit dem Krebs. Im Alter von nur 58 Jahren ist Christoph Götz-Geene am Silvestermorgen zu Hause im Kreise seiner Familie gestorben.

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