Theaterstücke im Netz: Im Räderwerk des Schicksals

Wenigstens ein positiver Nebeneffekt des gestreamten Theaters: Auch Stücke, die nicht in Berlin laufen, kommen uns plötzlich näher.

Menschen schauen aus einem bunt angeleuchteten Haus; Szene aus dem Stück "Dantons Tod"

Florian von Manteuffel, Nicola Kirsch, Liliane Amuat, Christoph Franken, Max Mayer in „Dantons Tod“ Foto: Sandra Then

Das Gute am Theater online ist ja, dass man einfach auch mal in anderen Städten vorbeischauen kann. Schließlich heißt das www ausgeschrieben World Wide Web. In die ganz große Welt müssen wir aus unserer Lokalblase ja nicht sofort aufbrechen. Zum Üben reicht erst mal der deutschsprachige Raum. Zum Beispiel das Residenztheater in München.

Dort gibt es aktuell einen großen Georg-Büchner-Schwerpunkt. Gestreamt wird „Dantons Tod“ inszeniert von dem auch in Berlin bestens bekannten Sebastian Baumgarten. Das Stück, in dem die Revolution blutrünstig ihre Kinder verschlingt, kam am 30. Oktober, also zwei Tage vor der erneuten Schließung der Theater zur Premiere, deren Mitschnitt nun bis 30.11. gestreamt wird. Als Stream ist außerdem Ulrich Rasches spektakuläre „Woyzeck“-Inszenierung zu sehen (bis 30.11.), die 2018 zum Berliner Theatertreffen eingeladen war. Rasche hiefte Büchners fragile Szenen auf eine gigantische Drehscheibe: ein Schicksalsräderwerk, auf dem das Individuum nur untergehen kann.

Ab 28.11. läuft die traumtanzende Liebesverwechslungskomödie „Leonce und Lena“, inszeniert von Thom Luz. Gerahmt werden die drei Woyzeck-Inszenierungen von Online-Lesungen des Ensembles aus Büchners Briefen (in denen man u.a. auch Büchners Eltern begegnen kann) sowie einer Lesung aus Büchners berühmter revolutionärer Schrift „Der Hessische Landbote“ durch die Schauspielerin Sibylle Canonica. (Residenz-Theater München: Georg-Büchner Schwerpunkt. Streams: residenztheater.de/resi-sendet; Lesungen: residenztheater.de/resi-liest).

Ein Kieler Golem

Die zweite virtuelle Theaterreise geht nach Norddeutschland ins Kieler Theater. Dort hat das Ensemble nach Gustav Meyrinks Roman „Der Golem“ ein interaktives Zuhause-Theater-Game entwickelt. Wie einst Rabbi Löw den Golem steuern konnte, dieses von Buchstaben- und Zahlenmystik animierte Wesen aus Lehm, steuern nun die Zuschauenden von Zuhause aus den Protagonisten des Stücks „Golem 24143“ namens Athanasius Pernath durch die Inszenierung (Anmeldung unter: 0431 / 9011200. Alle Infos: theater-kiel.de).

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Wer auch online partout in Berlin bleiben möchte, kriegt hier natürlich jetzt auch ein Angebot: nämlich den Tanzfilm von Christoph Winkler, der aus den Sophiensälen kommt: „It’s all forgotten now“. Winkler setzte sich darin mit dem kapitalismuskritischen Poptheoretiker Mark Fisher auseinander, der sich 2017 das Leben nahm (23.11. ab 18 Uhr bis 29.11., Stream: sophiensaele.com/de).

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