heute in bremen
: „Wer darf hier sein und wer nicht?“

Foto: privat

Liza Kis, 31, arbeitet in der Koordinierungs- und Fachstelle der Partnerschaft für Demokratie bei der Naturfreundejugend Bremen.

Interview Lotta Drügemöller

taz: Frau Kis, Sie haben eine digitale Stadttour zu gesellschaftlicher Vielfalt entwickelt. Erleben Sie Bremen jetzt anders?

Liza Kis: Vielleicht schon. Bei einer Aufgabe zum Perspektivwechsel am Bahnhofsvorplatz etwa soll man beobachten: Wie werden andere Menschen behandelt, wer darf hier sein und wer nicht? Das trainiert den Blick.

Ich hatte mir das Ganze eher als Stadtführung mit klassischem Quiz vorgestellt

Es gibt ein Quiz mit Punktesystem, es sind aber immer auch Aufgaben dabei, bei denen es eher um Dialog geht. Man kann die App alleine nutzen – aber gemeinsam entwickelt man mehr Perspektiven. In einer Testrunde hat mich eine Person auf das Mahnmal für Herero und Nama hingewiesen – das steht so ganz klein und unauffällig neben dem riesigen Elefanten, der ja nur umgewidmet wurde als Antikolonialdenkmal. Das zeigt noch mal auf, wie unverhältnismäßig Gedenken noch stattfindet.

Sind die drei Touren barrierefrei?

So barrierefrei, wie Bremen barrierefrei ist – naja. Der Weg führt am Projekt Selbstbestimmt Leben vorbei, dort gibt es auch eine Aufgabe zur Darstellung von Behinderung – und dazu, wem Barrierefreiheit nutzt.

Es geht also um Rassismus, Antikolonialismus, nun noch InklusionGeht nicht der Fokus verloren?

Digitale Stadtführung der Partnerschaft für Demokratie zu gesellschaftlicher Vielfalt, Diskriminierung und der extremen Rechten mit drei Touren durch Findorff, die Innenstadt und das Viertel, über die App „Actionbound“

Sexismus, Altersdiskriminierung und queeres Leben haben wir auch noch drin! Eigentlich geht es ums Leben in Bremen, das bildet nun mal alles ab. Die Stationen sollen Spotlights auf einzelne Aspekte werfen. Einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben wir nicht.

Die Stadttour per App funktioniert ohne Reiseleiter und ohne Gruppe. Zufall – oder ist das Konzept wegen Corona entstanden?

Definitiv wegen! Ich mag eigentlich den direkten Kontakt, ich hatte mich schon als Moderatorin von Kneipenquizzen gesehen – das war die ursprüngliche Idee. Das hat ein paar Mal im kleineren Kreis stattgefunden, dann lag die Idee lange in der Schublade. Die Lösung jetzt ist aber toll. Die App „Actionbound“ bietet ganz unterschiedliche Touren an – viele zu Junggesellenabschieden oder Geburtstagen. Ich hoffe, dass wir so noch mehr Menschen erreichen, die nicht ohnehin schon in der Bubble drin sind.