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Attackierte Museen

Vandalismusschäden an Kunstwerken. 63 Objekte betroffen. Tat wurde aus ermittlungstaktischen Gründen zwei Wochen lang geheim gehalten

In mehreren Berliner Museen sind von Unbekannten Ausstellungsstücke mit einer öligen Flüssigkeit besprüht worden. Die Tat ereignete sich bereits am 3. Oktober zum Tag der Deutschen Einheit auf der Berliner Museumsinsel, wie erst am gestrigen Mittwoch bekannt wurde.

Betroffen sind insgesamt 63 Objekte in der Alten Nationalgalerie, dem Pergamonmuseum und im Neuen Museum, wie die stellvertretende Direktorin der Staatlichen Museen zu Berlin, Christina Haak, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz sagte. Die Schadenshöhe sei noch unklar. Es sei aber der bislang umfangreichste Vandalismusschaden, den sie erlebt habe, sagte Haak. Betroffen sind den Angaben zufolge unter anderem ägyptische Sarkophage, Steinskulpturen sowie Bilderrahmen von Gemälden aus dem 19. Jahrhundert.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) verurteilte die Beschädigung der Kunstwerke. Sie zeigten eine „tiefe Verachtung gegenüber Kunstwerken und kulturellen Leistungen“. Zugleich äußerte sie sich kritisch zu den Sicherheitsvorkehrungen der Staatlichen Museen zu Berlin. Diese müssten sich „Fragen stellen lassen“. Über die Tat hatten zunächst die Wochenzeitung Die Zeit und der Deutschlandfunk berichtet.

Laut Polizei gingen der oder die Täter bei der Beschädigung der Ausstellungsstücke wahllos vor. Ein Selbstbezichtigungsschreiben gebe es bislang nicht, sagte der leitende Ermittler beim Landeskriminalamt, Carsten Pfohl, bei der Pressekonferenz auf der Museumsinsel.

Zeugenaufruf gestartet

Die Tat war am 3. Oktober vom Aufsichtspersonal entdeckt worden. An dem Tag waren laut Ticketverkauf weit über 3.000 Besucher in den Museen. Davon wurden rund 1.400 personalisierte Eintrittskarten per Mail von 654 Mailadressen bestellt. Besucher, die Tickets an der Tageskasse kauften, mussten keine persönlichen Angaben wie Namen oder Adresse hinterlassen. Dies sei trotz Coronapandemie üblich, sagte Haak, und verglich den Ticketkauf mit einem Einkauf im Supermarkt.

Die mehr als zweiwöchige Geheimhaltung der Tat begründeten Polizei und Museumsleitung mit ermittlungstaktischen Gründen. So hätten erst das gesamte Ausmaß des Schadens ermittelt und Leihgeber einzelner Exponate unterrichtet werden müssen. Die Durchsicht der Überwachungsvideos habe noch kein Ergebnis gebracht, sagte Pfohl. Die Befragungen des Personals laufen noch. Die Polizei hat inzwischen einen Zeugenaufruf gestartet und Besucher angeschrieben, die per Mail Tickets bestellt hatten. Der für die Sicherheit der Museen Verantwortliche, Hans-Jürgen Harras, erklärte, Maßnahmen wie etwa Rundgänge in der Nacht seien verstärkt worden.

Inzwischen sitzen Restauratoren an der Reparatur der Schäden. Die Ernst-von-Siemens-Kunststiftung hat dafür 100.000 Euro Soforthilfe bereitgestellt. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagte Friederike Seyfried, Direktorin des Ägyptischen Museums, und verwies auf „positive Ergebnisse“. Über die Zusammensetzung der Flüssigkeit wurden keine Angaben gemacht – außer dass sie nicht ätzend, ölig und transparent sei.

Seyfried sprach von einer „sehr, sehr schmerzlichen Erfahrung, mit der wir nicht gerechnet haben“, Haak von einem erschreckenden „Akt des Vandalismus“. Bereits im Sommer seien im Kolonnadenhof Graffiti gesprüht und Transparente zerschnitten worden. Der Angriff innerhalb des Museums stelle eine neue Qualität dar. (epd)

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