Kältehilfe in Coronazeiten

Zum Schutz für Obdachlose im Pandemiewinter fordert die Sozial­senatorin mehr Tagesangebote

Senat trägt pandemiebedingte Mehrkosten der Träger für Kältehilfeeinrichtungen, so Sozialsenatorin Breitenbach

Berlins Sozialsenatorin Elke Breitenbach dringt darauf, mehr Obdachlosen einen Weg aus der Kältehilfe zu bahnen. „Das Leben obdachloser Menschen wäre um ein Vielfaches leichter, wenn die Bezirke aktiv gucken würden, wie viele Menschen sie aus der Kältehilfe rausholen können“, sagte die Linke-Politikerin. Ziel solle sein, dass die sozialen Wohnhilfen in den Bezirken den obdachlosen Menschen andere und bessere Unterkünfte anbieten, in denen man sich auch tagsüber aufhalten kann. „Ganz viele obdachlose Menschen haben Anspruch auf soziale Leistungen“, erklärte sie. Aber es gebe viele, die den Weg zum Amt allein nicht mehr schaffen, weil sie etwa keine Papiere mehr haben. Diese Menschen benötigten Unterstützung. Mit einem solchen Vorgehen sänke die Zahl der Menschen in der Kälte­hilfe deutlich.

Dass solche Angebote funktionieren könnten, habe die Erfahrung mit den Ganztagseinrichtungen gezeigt, die wegen der Pandemie eingerichtet worden waren, sagte Breitenbach. „Mehr als die Hälfte der mehr als 400 obdachlosen Menschen in den drei 24/7-Einrichtungen waren bereit, soziale Beratung und Unterstützungsangebote in Anspruch zu nehmen. Sie waren zur Ruhe gekommen und wollten sich dann mit der Frage auseinandersetzen, wie sie zu einem anderen Leben kommen.“ Dadurch werde deutlich: „Es gibt die Bereitschaft und den Wunsch, sein eigenes Leben wieder selbstbestimmt in die Hand zu nehmen und nicht auf der Straße zu leben.“ Im Fall weiterer Corona-Einschränkungen würden die 24/7-Unterkünfte wieder eingeführt, kündigte Breitenbach an. Das habe sie mit Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) besprochen.

Die Kältehilfe mit Angeboten wie Notübernachtungen ist Anfang Oktober mit 500 Plätzen gestartet. In den Wintermonaten sollen dann wieder 1.000 Menschen in der Wärme unterkommen können. Erstmals gezählt wurden in Berlin im Januar rund 2.000 Obdachlose. Die Erfahrung zeigt aber, dass nicht alle in die Einrichtungen gehen wollen. „Nur dort, wo die geltenden Abstands- und Hygieneregelungen eingehalten werden können, kann es die Kälte­hilfe geben“, betonte Breitenbach. Masseninfektionen im Bereich der Wohnungslosenhilfe seien aber bisher ausgeblieben. Klar sei, dass manche – etwa sehr kleine – Kältehilfe-Unterkünfte diese Saison nicht öffnen, weil sich der Betrieb bei reduzierter Auslastung nicht lohnt. Um dennoch auf die angestrebte Platzzahl zu kommen, laufen noch Gespräche mit Hostels. Nächtliche Öffnungen von U-Bahnhöfen oder Wärmehallen, wie sie zum Beispiel im vergangenen Jahr in der Gitschiner Straße angeboten wurden, soll es wegen der Pandemie in diesem Winter nicht geben. Einschnitte werden laut der Senatorin bei den Tagesangeboten der Bezirke für Obdachlose befürchtet – im Sommer konnten diese noch zum besseren Schutz vor Ansteckungen ins Freie verlagert werden.

Angesichts von Beschwerden sozialer Träger über mangelnde Planungssicherheit für die Kältehilfesaison in der vergangenen Zeit bekräftigte Breitenbach, dass Pandemiemehrkosten übernommen würden. „Die Senatsverwaltung für Finanzen trägt für die Kältehilfe-Einrichtungen die Mehrkosten, die durch die Pandemie entstanden sind.“ Die Bezirke hätten jetzt schon mehr als drei Millionen Euro zur Verfügung. „Sie könnten also bereits jetzt diese Summe freigeben und den Trägern zusagen. Ich hoffe, dass sich die Bezirke auf öffentliche Äußerungen von mir und dem Finanzsenator verlassen und endlich handeln“, sagte Breitenbach. Wie hoch die Mehrkosten ausfallen, ist demnach offen. Sie müssen von den Bezirken angemeldet werden.

Die Ankündigungen der Senatoren seien offenbar noch nicht bis in die Bezirke hinein kommuniziert worden, sagte der Vorsitzende des AWO-Kreisverbandes Mitte, Manfred Nowak. Er wisse auch von anderen Trägern, die kurz vor dem geplanten Start noch keine Zusagen hätten. Mehrkosten entstehen nach seinen Worten zum Beispiel dadurch, dass Räume wegen der Pandemie nicht voll belegt werden können, Personal aber unverändert gebraucht wird. (dpa)