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Oberster Gerichtshof in den USATrumps Kandidatin windet sich

Die erzkonservative Richterin Amy Coney Barrett soll an den Supreme Court berufen werden. Bei ihrer Anhörung im Senat weicht sie wichtigen Fragen aus.

Abgang nach neun Stunden Befragung: Amy Coney Barrett ließ sich nicht aus der Reserve locken Foto: Caroline Brehman/ap

Washington reuters/afp | Die Kandidatin von Präsident Donald Trump für das höchste US-Gericht, Amy Coney Barrett, hat bei ihrer Anhörung im Kongress Festlegungen in umstrittenen politischen Fragen vermieden. Am zweiten Tag ihrer Befragung vor dem Rechtsausschuss des US-Senats lehnte die Richterin am Dienstag etwa eine Antwort auf die Frage ab, ob sie auf eine Beteiligung an Verfahren verzichten würden, bei denen es um die Präsidentenwahl am 3. November gehen könnte.

Experten schließen nicht aus, dass der Supreme Court bei einem unklaren Ausgang der Wahl eine Entscheidung zum Ergebnis treffen muss. Trump hat mehrfach – ohne Belege zu liefern – kritisiert, per Briefwahl abgegebene Stimmen könnten das Wahlergebnis verfälschen. Barrett könnte eine entscheidende Rolle spielen, sollte der Supreme Court über mögliche Anfechtungen des offiziellen Wahlausgangs entscheiden müssen.

Die derzeitige Richterin an einem Bundesgericht in Chicago stellte im Justizausschuss des Senats klar, dass sie als Richterin keine politische „Agenda“ verfolge. „Meine Agenda ist es, mich an die Rechtsstaatlichkeit zu halten und Fälle zu entscheiden, wenn sie kommen.“

„Richterinnen können nicht einfach aufwachen, sagen ‚Ich habe eine Agenda. Ich mag Waffen, ich hasse Waffen, ich mag Abtreibungen, ich hasse Abtreibungen‘ und dann wie eine Königin der Welt ihren Willen aufdrücken“, sagte Barrett weiter.

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Obamacare auf dem Prüfstand

Ähnlich ausweichend reagierte Barrett auf Fragen zu ihrer Haltung zu der von Trumps Vorgänger Barack Obama durchgesetzten Gesundheitsreform. Der Supreme Court wird sich nur eine Woche nach der Präsidentschaftswahl vom 3. November mit der als Obamacare bekannten Gesundheitsreform befassen, die 20 Millionen Menschen Zugang zu einer Krankenversicherung ermöglichte.

Barrett hatte in der Vergangenheit Kritik an Obamacare geübt. Oppositionelle Demokraten halten sie deswegen für befangen. Sie lehnte es auch hier ab, sich festzulegen, ob sie sich an Verfahren über „Obamacare“ beteiligen werde. Dasselbe sagte die überzeugte Katholikin zu Verfahren über die gleichgeschlechtliche Ehe.

Barrett wollte eine Frage, ob sie die den Richterspruch von 1973 in „Roe gegen Wade“, mit dem Abtreibungen in den USA erstmals erlaubt wurden, für ein Fehlurteil halte, mit Verweis auf ihr derzeitiges Richteramt nicht beantworten. Die demokratische Senatorin Dianne Feinstein entgegnete: „Es ist besorgniserregend, darauf keine klare Antwort zu bekommen.“ Barrett beteuerte auch, sie sei nicht auf einer „Mission“, Obamacare zu „zerstören“ – lehnte aber auch hier eine inhaltliche Festlegung ab.

Die 48-Jährige betonte zugleich, sie habe niemandem im Senat oder im Weißen Haus Zusagen gemacht, wie sie über bestimmte Fälle entscheiden würde. Sie werde das auch im Justizausschuss nicht tun. „Das wäre eine grobe Verletzung der Unabhängigkeit der Justiz.“

Nach dem Willen von Trump und den Republikanern soll sie die verstorbene liberale Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg noch vor der Präsidentenwahl ersetzen. Mit ihr wären die konservativen Richter am Supreme Court mit sechs zu drei Stimmen in der Mehrheit, möglicherweise auf Jahrzehnte hinaus.

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7 Kommentare

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  • Das ist ein ganz normales Bewerbungsgespräch.



    Auf einen unkündbaren Job auf Lebenszeit, wo man Niemandem mehr Rechenschaft mehr schuldig ist.

    Wer hat nicht schon mal bei einem Bewerbungsgespräch geflunkert?

    Barret muß eigentlich nur dafür sorgen, daß sie sich nicht so daneben benimmt, daß drei republikanische Senatoren nicht noch einen Hauch von Ehrgefühl entwickeln.



    (Wenn die Beiden, die sich im weißen Haus angesteckt hatten, wieder fit sind)

    Wenn sie nominiert ist, kann ihr Keine(r) mehr was, da sie durch die Gewaltenteilung absolute Immunität erlangt.

    Und dann sieht es für LGBT, Abtreibung, Obamacare, Gleichberechtigung, Wahlrecht für "Kriminelle" und Waffengesetzen düster aus.

    Sie geht dann wortwörtlich von der Verfassung von 1791 und den 27 amendments aus.

    Und die Briefwahlstimmen nach dem (mMn) 06.11. werden nicht mehr gezählt.

    Die "beste Demokratie der Welt" verkommt zur Farce, das Land ist jetzt schon ein gutes Stück auf dem Weg zum Oligarchie vorangeschritten.

  • Bei den gegebenen Mehrheitsverhältnissen im Senat handelt es sich hier doch nur um Anhörungstheater.



    Die DemokratInnen können sich noch einmal positionieren für kommende Wahlkämpfe, die Kandidatin hat eigentlich nichts weiter auszustehen als ihre Ansichten hinter einer Scheinneutralität zu pflegen.



    Welcher dieser Ideologiekrieger im Supreme Court hat jemals seine philosophische Einstellung auf überraschende Weise geändert?



    John Roberts scheint einer der Wenigen, der sich noch die Mühe macht, das "Gesetz" zu interpretieren...und dadurch manchmal für eine Überraschung sorgt.

  • Liggers. Eine Anhörung zum Abgewöhnen.

    Körpersprache - Habitus - Stimme - aalglatte Sprache etc



    Lassen Böses ahnen & Remember - Lebenslang.



    Quo vadis - 🇺🇸 - Bibel belt goes in & in •

    Na Mahlzeit - Was kein Mensch braucht - wa.



    Normal. Newahr.

    • @Lowandorder:

      Voll. „Körpersprache - Habitus - Stimme - aalglatte Sprache etc“, da kann’s einen ordentlich frösteln.



      Mir war ja nicht klar, dass bei so nem hearing so viel gequatscht und so wenig gehört wird, und ihr Bemühen um Neutralität in den kurzen Antworten erschien mir für den anvisierten Job schon ganz angemessen. Nach diesem demütelnden Familien-Einstiegstalk.



      Trotzdem, eine gruslige Erscheinung, und politisch dunkeldüster.

      • @Ruhig Blut:

        Moinmoin - schön anderwo zu hören (closed) & dito & seh ich ähnlich



        (intern taz sehen das wohl nicht alle so;(

        short cut - (c)“anschließe mich“ - hat wenn ich’s recht seh CRS - hab mich schlapp gelacht & gleich geklaut -



        &



        Hold juch liggers fuchtig -

        • @Lowandorder:

          Yesss, Treffer, so isses, wusst ich‘s doch! :-))

          Den lockdown drüben hab ich erst im Nachgang bemerkt und denk mir grade so, woandershin ausweichen ist eigentlich nicht das Dümmste, wenn mal was nicht unbedingt in den breiten Orbit soll, hehe.

          Ganz ehrlich, vom Trägermedium bin ich höchstens noch semiangetan, und beim Kommentieren war auch mal mehr Klasse. Dazu scheint mir, dass vieles mittlerweile einfach durchgeschwätzt ist und endlos ermüdend aufgekocht wird. Und einige ungute Tendenzen haben sich etabliert, meine ich, das würde jetzt aber ein bisschen weit führen.

          Trotzdem, gerade dann dranzubleiben und ständig neu klarzustellen, in unermüdlicher Wiederholung, hat meinen größten Respekt. Wenn ich sehe, dass L&O und ein paar seltenere Gäste ihre Runden drehen, dann lässt‘s sich beruhigt zurücklehnen.

          Die ganze Schreibslerei bleibt nämlich nicht ohne Wirkung, behaupte ich immer wieder festgestellt zu haben. Ideen und Argumente werden aufgegriffen und verbreiten sich, und ich glaube das geht deutlich über das hier sichtbare hinaus. Deshalb ist mal so meine ungefähre Leitlinie, zu überlegen, was will ich eigentlich bezwecken und nicht, was treibt mich grade am meisten um. Entgegen meinem Naturell ruhig Blut bewahren, erstmal Füße stillhalten. Was nicht immer klappt und viel öfter noch dazu führt, dass ich‘s ganz lasse. Nunja.

          Talking of which: Das Pseudonym war gar nicht als Programm gedacht sondern eine Verpeilung bei der Registrierung seinerzeit; sollte als Kommentarüberschrift hin, wie bei Spiegel Online. Aber ratzfatz gab’s Diskussion, man lernte sich namentlich kennen und dann blieb‘s halt dabei. Und als Orientierung und Mahnung wie gesagt passt‘s mir schon ganz gut. :-)

          Das jetzt im Schnelldurchlauf , dringend in die Heia. Aber wir sehen uns eh. Und hat mich sehr gefreut.

        • @Lowandorder:

          Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - Sidekick -

          “ Ruhig Blut hilft gegen Wut.“

          anschließe mich - 😂 - All best -

          kurz - Hamer doch scho vieles überwonden -



          De ahl unfrisiert Melatenblonden.



          &



          Ook dess is allemal wohr!



          Leevern Glatz - as gorkeen Hoor! - 🤫 -