taz🐾sachen: Lob der Provinz
Viele Menschen vermissen derzeit das Fernreisen. Ich habe Glück: Ich fahre am liebsten in die deutsche Provinz. Wenn ich ein Schriftsteller wäre, wie der Siegburger Sven Heuchert, den ich für die Seite 13 dieser Ausgabe in sein Jagdrevier im Westerwald begleitet habe, ich würde unbedingt wegziehen aus Berlin. Ich würde mir so wie Heuchert einen Job suchen, wo man Geschichten erzählt bekommt, und ich würde vielleicht auch auf die Jagd gehen.
Vielleicht. Als Kind habe ich gern geangelt und hatte keine Skrupel, den geblinkerten Barschen auf den Kopf zu hauen. Als ich mit 35 mit meinem Söhnchen am Meer Grundeln angelte, musste ich fast kotzen, als ich den Haken aus dem Maul nesteln sollte.
Als Kind war ich auch dabei auf der Jagd auf Niederwild mit meinem Firmpaten. Die Felder waren abgeerntet, nur einen sogenannten Wildacker hatte man stehen lassen. Da waren dann viele Fasanen und Rebhühner drin. Der Hund, er hieß Jackl, wurde ins Feld geschickt, die Vögel flogen hoch, und mein Firmpate schoss auf sie. Das verletzte meinen kindlichen Sinn für Gerechtigkeit – was sollte daran „wild“ sein? Und ich war froh, dass der süße, aber depperte Jackl, ein überzüchteter Deutsch Kurzhaar, keinen einzigen Vogel fand; es kann aber auch sein, dass mein Firmpate einfach nichts getroffen hat – jedenfalls weiß ich noch, dass wir köstliche Salzburger Nockerln gegessen haben.
Bei Sven Heuchert gab es nach dem Ansitz Rehchilli, das auch sehr gut war. Solche Sachen erlebt eben, wer sich in die wunderbare deutsche Provinz begibt. (waam)
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