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: Komisch, aber zum Heulen

„Support the Girls“ (USA 2018, Regie: Andrew Bujalski)Die DVD ist ab rund 12 Euro im Handel erhältlich.

In einer Großstadt in Texas, in einer Strip Mall zwischen den Highways, liegt das ­„Double Whammies“, ein trostloses Restaurant, in dem auf zahlreichen Bildschirmen Sportsendungen laufen und junge Frauen in sehr knapper Kleidung Bier und Burger servieren. Das Publikum: in erster Linie Männer, versteht sich. Es ist eine sehr amerikanische Version der Vorhölle, ein richtiger Scheißjob für die hier arbeitenden Frauen. Zu deren Glück ist da Lisa (Regina Hall), eine schwarze Frau um die fünfzig, die als Managerin des Ladens das Schlimmste zu verhindern versucht.

Verbale und handfeste Belästigungen der Frauen durch Kunden werden sofort unterbunden. Als eine Mitarbeiterin Ärger mit dem Boyfriend hat, organisiert Lisa die titelgebende „Support the Girls“-Hilfsaktion: Autowaschen in knapper Kleidung, erlaubt ist das nicht, das gibt die Lizenz des Ladens nicht her, aber Geld bringt es schon. Es ist, keine Frage, für alle, die hier arbeiten, das falsche Leben, aus dem auch ein guter Mensch wie Lisa nicht das richtige macht; es ist falsch, von vorne bis hinten, die ganze demütigende kapitalistische Scheiße in ihrer himmelschreienden Schäbigkeit, da macht der Film niemandem etwas vor.

„Support the Girls“ ist eine Komödie, irgendwie, aber es ist eine der sardonischen Art, denn viel mehr als Galgenhumor bleibt einem nicht. Komisch, aber auch traurig ist es, wenn der Cousin des Kochs auf dem Weg zum Safe, den er ausräumen will, im Belüftungsschacht steckenbleibt und durch Klopfgeräusche Hilfe sucht und so den eigenen Raubzug vereitelt. Komisch, aber zum Heulen ist es, wenn das Arschloch von Eigentümer des Lokals mit dem Boot als Anhänger auftaucht und sich später nach einer Rempelei auf dem Highway als eine Wurst von Mann zeigt, die nur leider die Macht hat, Lisa aus seinem Laden rauszuschmeißen, womit er auch droht.

Der zünftige Marxist sähe in den Frauen, von denen Andrew Bujalski hier erzählt, eine geradezu idealtypische Form der Charaktermasken, die wir alle tragen und sind, als Subjekte, die durch die ausbeuterischen gesellschaftlichen Verhältnisse determiniert sind und sie im Job auch als Mensch personifizieren. In der Theo­rie mutmaßlich richtig beschrieben. Bleibt das Problem: Es sind ja doch Leben, die Tag für Tag irgendwie erträglich sind, oder eben auch nicht. Jeder noch so beschissene Job kann schlimmer werden, wenn man oder frau einem Tyrann untersteht.

Im falschen Leben macht eine wie Lisa, so wenig sie grundsätzlich ändern kann, so sehr sie noch als schwarze Frau den Rassismus und den Sexismus des Systems durchsetzen muss, für die Frauen als Chefin einen Unterschied, der wichtig ist. Sie hält die Zeitpläne beweglich, sie schafft die Freiräume, die doch immerhin eines erlauben: Solidarität, gegenseitige Unterstützung, Spaß miteinander. Alles könnte immer noch schlimmer kommen, und kommt es auch prompt: Um die Ecke eröffnet gerade eine Filiale der noch gnadenloseren Version der Sportbarhölle, das Ganze als Franchise, „Mancave“ der Name.

Bujalski erklärt Lisa und den anderen Frauen, ihrem Spirit, ihrer Solidarität seine Liebe, „for mothers“ lautet die Widmung des Films. Aber er macht sich nichts vor. Der kleine windstille Winkel namens „Double Whammies“ (ein „double whammy“ ist ja eigentlich ein doppelter Tiefschlag) kann im kapitalistischen Sturm nicht überdauern. Es kann nicht gut ausgehen, und es geht nicht gut aus. Auch wenn Lisa und Maci und Danyelle das letzte Wort haben. Den letzten Schrei, um genauer zu sein. Das, das gemeinsame Brüllen als Akt der Freiheit, hält der Film fest. Aber natürlich weiß er genau: Die Verhältnisse schreien am Ende viel lauter zurück. Ekkehard Knörer