Queere Mütter klagen

Mit der Initiative „nodoption“ machen queere Mütter darauf aufmerksam, dass sie ihre eigenen Kinder adoptieren müssen. Jetzt gehen sie juristisch dagegen vor – wenn nötig, bis zur höchsten Instanz

Bisher hat ein Kind von zwei verheirateten Frauen rechtlich nur ein Elternteil

Von Nicole Opitz

Vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg verteilt Christina Klitzsch-Eulenburg Regenbogenflaggen. Sie lächelt und unterhält sich mit Frauen, die wie sie Anträge einreichen – da­rauf, dass sie als rechtliche Elternteile ihrer Kinder anerkannt werden.

Klitzsch-Eulenburg ist mit der Mutter ihres Kindes verheiratet. Als Elternteil gilt sie laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) dennoch nicht. Sie muss ihr Kind adoptieren, um auch rechtlich seine Mutter zu werden. Grund dafür ist das im BGB festgeschriebene Abstammungsrecht. „Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat“, heißt es in dessen Paragraf 1591. Als die Ehe 2017 für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet wurde, blieb eine Reform des Paragrafen aus. Ein Kind von zwei verheirateten Frauen hat damit nur ein rechtliches Elternteil. Andere Formen der Mutterschaft sind nicht vorgesehen.

Dagegen will Klitzsch-Eulenburg nun vorgehen. Mit anderen queeren Eltern hat sie die Initiative „nodoption“ gegründet. Ein Ehepaar hat bereits Klage beim Berliner Familiengericht eingereicht, um die Ehefrau der biologischen Mutter als zweiten rechtlichen Elternteil der in die Ehe hineingeborenen Kinder feststellen zu lassen. Das Paar folgt damit zwei Familien aus Hildesheim und Frankfurt. Jetzt klagen vier weitere Familien in Berlin.

Klitzsch-Eulenburg und ihre Frau Janina Eulenburg sind fest entschlossen, bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen: „Es ist erst mal unwahrscheinlich, dass wir in erster Instanz recht bekommen“, sagt Klitzsch-Eulenburg. „Aber meine Frau und ich wollen auf jeden Fall bis in die letzte In­stanz gehen.“

Bereits 2018 klagte eine Familie vor dem Bundesgerichtshof – erfolglos. „Wir rollen das Thema nun im Wege der strategischen Prozessführung auf, um eine Grundsatzentscheidung zu bewirken“, so Rechtsanwältin Lucy Chebout. „Das geltende Abstammungsrecht verletzt die Grundrechte der Kinder und der Ehefrauen.“

Bevor die vier Familien am Freitag ihre Klage einreichen, posieren sie für ein Foto: Die Ak­ti­vis­t*innen breiten eine circa drei Meter lange Regenbogenflagge vor sich auf, halten ein Banner, auf dem „nodoption – Elternschaft anerkennen“ steht. Dazwischen schaukeln Mütter ihre Kinder im Tragetuch. ­Nachdem die Fotos fertig sind, werfen die vier Familien ihre Anträge in den Briefkasten des Amtsgerichts. Die anderen Ak­ti­vis­t*in­nen klatschen und jubeln.

„Das nimmt das Ohnmachtsgefühl von mir“, erklärt Klägerin Marianne Greenwell. „Bevor wir Leute kennengelernt haben, haben meine Frau Jane und ich uns so allein gefühlt.“ Parallel zu der Klage adoptiert Greenwell ihr Kind Robin. Wie sehr die Adoption ihres eigenen Kindes sie emotional mitnehmen würde, habe sie unterschätzt. „Wir wussten, dass wir das machen müssen, aber es hat mich krass getroffen.“

Auf den angekündigten Gesetzentwurf von Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) zum Abstammungsrecht wollen die Kläger*innen nicht warten. Rechtsanwältin Chebout sagt dazu: „Im Moment ist überhaupt nicht absehbar, ob aus der Ankündigung wirklich ein Gesetz wird. Den betroffenen Familien ist es nicht zumutbar, die diskriminierende Rechtslage noch länger hinzunehmen.“