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Archiv-Artikel

Grün-weißer Strom ist teuer

ERNEUERBARE ENERGIEN EWE und SWB nutzen die Fotovoltaikanlage am Weserstadion für Werbeaktion: Sie zahlen Prämien - aber nur bei Sieg

Wenn die Fußballer des SV Werder Bremen viele Tore schießen, freut das seit dieser Saison nicht nur die Fans – sondern auch die Stromkunden. Die beiden norddeutschen Energielieferanten EWE und SWB zahlen in ihrem Ökostrom-Tarif „Werder Strom“ nämlich für jeden Sieg der Mannschaft eine Prämie an ihre Kunden. Gewinnt die Mannschaft in Bundesliga und DFB-Pokal, gibt es eine Gutschrift von zwei Euro. Für die Meisterschaft oder beim Gewinn der Europe League, dem Nachfolge-Wettbewerb des UEFA-Cups, wird den Kunden am Saison-Ende 25 Euro überwiesen. Je erfolgreicher die Bremer also sind, desto günstiger wird für die Kunden die Stromrechnung, so die Werbebotschaft der Anbieter. Und die zweite Botschaft: Der Werder-Strom wird zu 100 Prozent aus regenerativen Energieträgern gewonnen. Zwar wird vollmundig damit geworben, dass dieser auch aus dem neu umgebauten Weser-Stadion kommt, jedoch liegt der Anteil lediglich bei einem Prozent vom „Werder-Strom“.

Dieser Teil wird aus einer neuen Fotovoltaikanlage im Weser-Stadion gewonnen. Mit drei Teilanlagen wurden auf dem Dach und an der Außenfassade des Stadions 16.000 Quadratmeter Solarzellen verbaut. Das entspricht einer Größe von zwei Fußballfeldern. Die Bremer Anlage ist mit einer Leistung von 1,2 Megawatt damit europaweit die größte Fotovoltaikanlage an einem Fußballstadion. 11 Millionen Euro ließen sich EWE und SWB das Projekt kosten. Bislang ist die Anlage zu 50 Prozent in Betrieb, denn die Umbaumaßnahmen am Stadion laufen noch. Nach der Fertigstellung soll die Anlage aber jährlich 840.000 Kilowattstunden Strom erzeugen. Das reicht für 300 Bremer Haushalte. 450 Tonnen CO2 könnten so pro Jahr eingespart werden.

Doch ein großes Interesse für den Ökostrom-Tarif aus dem Stadion scheint bislang nicht zu bestehen. „Unsere Idee war es eigentlich, das relativ langweilige Thema Strom zu einem emotionalen Faktor für die Werder-Fans zu machen“, sagt EWE-Sprecher Reinhard Schenke. Diese scheinen sich aber eher für die Mannschaft auf dem Rasen zu interessieren als für umweltfreundliche Stromtarife. Lediglich 200 Kunden hat der grün-weiße Strom bei EWE und SWB bislang. Das sei deutlich weniger, als man sich erhofft habe, so Schenke. Da hilft es auch nicht, dass jeder Neukunde eine exklusive Steckdose mit dem grün-weißen Werder-Logo bekommt und Eintrittskarten für den VIP-Bereich oder signierte Trikots gewinnen kann. „Wir müssen feststellen, dass die meisten Fans anscheinend ganz zufrieden mit ihrem Stromtarif sind“, so Schenke.

Oder nicht besonders scharf auf den im Vergleich zu den übrigen Tarifen teureren Ökostrom. Denn bei einem monatlichen Grundpreis von 8,25 Euro zahlt der Kunde noch 21,9 Cent pro Kilowattstunde. Der Tarif „swb24“ der SWB kostet im Vergleich 4,59 Euro Grundgebühr und 19,87 Cent pro Kilowattstunde verbrauchtem Strom. Allein um die teurere Grundgebühr zu finanzieren, müssten die Fußballer also 22 ihrer 34 Saisonspiele gewinnen.

Kritik am Tarifsystem von Werder-Strom übt die Bremer Verbraucherzentrale. Sie weist darauf hin, dass man mit dem Stromtarif indirekt eine Sportwette mit dem Energielieferanten abschließe und man den Wettspielpreis dementsprechend – wenn auch nicht explizit ausgewiesen – mit dem monatlichen Abschlag zahle. Dabei wäre auch der herkömmliche Ökostrom-Tarif „Pro Natur“ der SWB günstiger, rechnet die Verbraucherzentrale vor. Ein Vierpersonenhaushalt zahlt bei einem jährlichen Durchschnittsverbrauch von 4.000 Kilowattstunden 88 Euro weniger als mit dem Tarif Werder Strom – ohne Prämien. Wenn die Fußballer um Frings, Diego und Özil in der Saison 2009 / 2010 so viel Energie auf dem grünen Rasen erzeugen wie beim Doublegewinn 2003 / 2004, würden die Kunden eine Prämie von 104 Euro erhalten. 2006 / 2007 hätte es nur eine Prämie von 45 Euro gegeben und für die Spielsaison 2008 / 2009 hätte sich eine Prämie von 59 Euro errechnet. Laut Verbraucherzentrale rechnet sich das grün-weiße Angebot für Haushalte mit höherem Stromverbrauch im Vergleich mit anderen Stromanbietern nicht.

Ein weiteres Problem: Die Prämienauszahlung erfolgt erst am Saisonende. Bei einer vorzeitigen Kündigung des Vertrags gibt es keine Ausschüttung.

Christoph Pagel