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„Außergewöhnlich lange Segelehe“

Women*Team (X): Sportlerinnen bekommen weniger Aufmerksamkeit und Geld für ihre Leistungen als Männer. Hier kommen sie zu Wort. Die Kieler Seglerin Susann Beucke ist bei der Bundeswehr, um von ihrem Sport leben zu können. Frauen komme oft die Familienplanung in den Weg. Vereinbarkeit mit Leistungssport sei schwierig

Foto: DSV/Lars Wehrmann

Susann Beucke29, ist mit ihrer Segelpartnerin Tina Lutz im Olympiakader des German Sailing Teams, gewann die EM 2017 und wurde fünfte bei der WM 2019.

Interview Teresa Wolny

taz: Frau Beucke, was war der bisherige Höhepunkt Ihrer Segel-Karriere?

Susann Beucke: Im Januar habe ich mir kurz vor unserer zweiten Olympia-Qualifikation den Fuß gebrochen. Ich bin trotzdem mit nach Aus­tralien geflogen, um meine Segelpartnerin, die mit einer anderen Vorschoterin gefahren ist, zu unterstützen. Da es super schwer ist, bei seiner eigen Olympiaqualifikation tatenlos vom Motorboot aus zuzuschauen, musste ich lernen zu vertrauen. Als die beiden dann einen neunten Platz bei der WM rausgeholt haben, war ich sehr stolz auf unser Team und das war der bisher schönste Segelmoment für mich.

Starten Sie bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio?

Das ist gerade die alles entscheidende Frage. Zwei Wochen vor der letzten Regatta für die Qualifikation kam der Lockdown. Jetzt müssen wir abwarten, bis wieder Sportveranstaltungen stattfinden.

Können Sie vom Segeln leben?

Ja, aber nur, weil ich das Glück habe, in der Sportfördergruppe der Bundeswehr, also Sportsoldatin zu sein. Das heißt, ich bin in der Bundeswehr und bekomme einen Sold, bin aber für meine Sportart freigestellt. Außerhalb des olympischen Segelns kann man auch professionell auf Regatten segeln, dabei kommen die Gelder dann von den Eigner:innen der Teams.

Ab 2024 wird es auch Offshore-, also Hochsee-Segeln als olympische Disziplin geben. In einem Interview sprachen Sie davon, dass das vor allem für Seglerinnen ein Sprungbrett sein könnte. Warum?

Das olympische Offshore-Segeln gibt Frauen die Möglichkeit, in diesem Bereich aufzusteigen, denn damit wird quasi eine Brücke geschlagen zwischen professionellem und olympischem Segeln. Im Profibereich werden Leute fürs Segeln bezahlt und bekommen etwa auch Tagesgehälter. Das olympische Segeln findet in kleinen Booten statt. Das professionelle Segeln oft im Offshorebereich und auf Yachten. Ein berühmtes Rennen ist etwa die Sydney-Hobart-Regatta. Hinter dem Offshore-Bereich steckt auch deshalb mehr Geld, weil die Technik innerhalb der Boote aufwändiger ist. Das gleicht aber wiederum auch den physischen Nachteil der Frauen aus.

Die olympischen Offshore-Teams sollen gemischt sein – damit bekommt man ja zwangsläufig Frauen in die Boote.

Die Begründung, warum Frauen im Offshore-Bereich bisher nicht vertreten sind, ist oft, dass sie einfach nicht genug Erfahrung haben. Im olympischen Segeln gibt es aber bereits einige Frauen, aber im Yachtsport ist der Gedanke, mehr Frauen in die Boote zu holen, noch nicht richtig angekommen. Der Bereich ist sehr männlich dominiert. Wenn man olympische Offshore-Seglerin ist, könnte man danach auch für andere Projekte angeheuert werden. Zumindest hoffe ich, dass es sich so entwickelt.

Wie lange kann man Segeln als Leistungssport betreiben?

Es gibt im Profibereich durchaus noch 55-jährige Männer, wenn auch nicht an den physisch herausfordernden Positionen. Bis Mitte 30 auf jeden Fall, danach ist bei Frauen oft die Familiengründung der limitierende Faktor. Wenn man beides unter einen Hut bekommen will, muss man großes Glück haben. Ich weiß von vielleicht zwei, drei Frauen weltweit, die das geschafft haben.

Segeln scheint reiseintensiv.

Ich bin normalerweise ungefähr eine Woche im Monat in Deutschland. Überseeregatten gibt es aber wiederum nur ungefähr alle zwei Jahre, das meiste ist in Europa.

Wann haben Sie entschieden, Segeln zu ihrem Vollzeitjob zu machen?

Mit 15 habe ich angefangen, davon zu träumen. Umsetzen ließ sich dieser Traum mit dem Eintritt in die Sportfördergruppe. Mir war von Anfang an klar, dass ich mit meiner Segelpartnerin zu den Olympischen Spielen will.

Sie segeln also zusammen, seit Sie 15 sind?

Ja, das ist tatsächlich eine außergewöhnlich lange Segelehe.

Ist das ein Vorteil?

Es führt nicht automatisch zum Sieg. Ein Vorteil ist sicher, dass wir das, was normalerweise lange dauert – sich zu koordinieren, die Stärken und Schwächen der anderen kennenzulernen – schon haben. Wir ergänzen uns gut.

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