: „Auch wir Frauen machen Krafttraining und schämen uns überhaupt nicht“
Women*Team (VIII): Sportlerinnen bekommen weniger Aufmerksamkeit und Geld für ihre Leistungen als Männer. Hier kommen sie zu Wort. Die Ruderin Paula Bäurich ist mit dem CLUB in die Ruder-Bundesliga aufgestiegen
Paula Bäurich21, studiert an der Universität Hamburg Politikwissenschaft und rudert im CLUB, dem Hamburger und Germania Ruder Club.
Interview Moritz Klindworth
taz: Frau Bäurich, wann sind Sie das letzte Mal gerudert?
Paula Bäurich: Gestern.
Wie haben Sie sich über die Coronazeit fit gehalten?
Ich habe zu Hause ein Ergometer, ein Trockenrudergerät, fahre Rad und mache Fitnessübungen. Ich habe versucht, vier- bis fünfmal die Woche zu trainieren.
Konnten Sie auf der Alster rudern?
Das war eine Zeit lang nicht erlaubt. Vor sieben Wochen hat sich das aber geändert und dann sind wir regelmäßig im Einer unterwegs gewesen.
Wie sind Sie zum Rudern gekommen?
Als ich acht Jahre alt war, bin ich von Berlin in die Nähe von Cuxhaven gezogen. Dort habe ich das Rudern zum ersten Mal gesehen und dachte: „Das ist es.“ Ich habe dann mit neun Jahren – das ist relativ unüblich – mit dem Rudern begonnen und bin seitdem dabei.
Wie oft trainieren Sie in der Woche?
Ich trainiere gerade fünfmal die Woche. Ich habe auch mal Leistungssport gemacht, da waren es sieben- bis achtmal. Wir machen jetzt noch ambitionierten Breitensport. Einige trainieren noch deutlich häufiger als wir, aber wir gehen auch nicht nur ein- bis zweimal die Woche aufs Wasser.
Wie vereinbart man Leistungssport und Studium miteinander?
Das geht eigentlich ganz gut. Durch das viele Training hat man gelernt, den Tag durchzutakten. Fünfmal Training in der Woche sind schon fast entspannt. Zudem habe ich das Glück, dass der Ruderverein sehr nah an der Uni ist.
In der Schule war das schwieriger?
Ja. Gerade als es dann in Richtung Abi ging. Damals hatte ich acht Stunden Unterricht, ging dann direkt zum Bootshaus und bin um sieben zu Hause gewesen. Die Hausaufgaben habe ich danach erledigt. Das war schon um einiges anstrengender.
Wie ist das Verhältnis von Männern und Frauen in einem Ruderclub?
Ich bin ja in zwei Vereinen Mitglied. In Otterndorf haben wir von Anfang an in gemischten Gruppen trainiert, da war das Verhältnis immer entspannt. Ganz allgemein kann man ja auch Mixboote fahren, im Training, aber auch auf Regatten. Der CLUB in Hamburg nimmt erst seit vier Jahren Frauen auf. Da merkt man, dass der Frauenanteil reduzierter ist, als man es aus anderen Rudervereinen kennt. Zudem ist der CLUB deutlich größer. Trotzdem gibt es überhaupt keine Spannungen zwischen Frauen und Männern. Ich glaube, auch die Männer freuen sich, dass jetzt Frauen dabei sind.
Sind Frauen im Ruderclub jetzt akzeptierter als zu Ihrer Schulzeit?
Ich glaube, die Akzeptanz bestand von Anfang an. Wenn man anfängt, ist klar, dass Jungs und Mädels beide rudern und gleich viel trainieren können. Dass beide Geschlechter Leistungssport betreiben, steigert die Akzeptanz. Auch wir Frauen machen Krafttraining und schämen uns überhaupt nicht. Wir sind eher stolz drauf. In der Schulzeit, hochpubertär, achte beziehungsweise neunte Klasse, war dieser Sport für Mädchen speziell. Ich war die Einzige, die in meinem Jahrgang Krafttraining gemacht hat. Das war schon außergewöhnlich, aber das waren höchstens ein bis zwei Jahre, in denen man als Mädchen komisch angeschaut wurde.
Welche persönlichen Ziele haben Sie?
Diesen Winter haben wir das Projekt Ruder-Bundesliga gestartet. Wir haben einen Frauen-Achter zusammengekriegt und dürfen seit gestern wieder in Großbooten rudern. Der Achter wird jetzt so schnell wie möglich wieder aufs Wasser kommen. Mein persönliches Ziel sind die Hochschulmeisterschaften und die Ruder-Bundesliga, wo ich möglichst gut abschneiden möchte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen