Krieg in Kongos Goldrevier: Die mörderische „Kooperative“

Niemand versteht den neuen blutigen Milizenkrieg in Kongos Provinz Ituri. Auch die Armee begeht Übergriffe im Kampf gegen die Codeco-Miliz.

Menschen in einem Flüchtlingslager stehen um die Kamera versammelt.

200.000 Vertriebene: Flüchtlingslager in der Provinz Ituri in der Demokratischen Republik Kongo Foto: Alain Uyakani/Photoshot/picture alliance

BENI taz | Es ist ein Krieg, der keinen Namen trägt. Seit über einem Jahr wird die Provinz Ituri im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo, die in den vergangenen zwanzig Jahren schon mehrfach Kriegsgebiet gewesen ist, erneut von Gewalt heimgesucht.

Die Armee kämpft gegen die Miliz Codeco (Kooperative für die Entwicklung des Kongo), die zumeist aus Jugendlichen der Lendu-Volksgruppe besteht. Nichtregierungsorganisationen in Ituri sprechen von über 1.500 Toten und 200.000 Vertriebenen seit Wiederaufflammen des Krieges im Juni 2019.

Es begann im Juni 2019 im Distrikt Djugu nordöstlich der Provinzhauptstadt Bunia, wo Lendu-Milizionäre die Dörfer Djaro und Londjango besetzten. Von dort aus griffen sie andere Teilen der Provinz an.

Die Gewalt ist selbst für die Verhältnisse Ituris außergewöhnlich brutal. Die Milizen greifen Ortschaften an, massakrieren friedliche Zivilisten und verschonen die Armee, deren Positionen sie umgehen, um zu überraschenden Uhrzeiten zuzuschlagen. Sie zünden die Häuser an und stehlen das Vieh.

„Djugu ist der dichtest besiedelte Distrikt der Provinz und wir verstehen nicht, wie die Armee zulassen konnte, dass diese Leute sich organisieren“, sagt Jules Tsuba, Präsident des Dachverbandes der Zivilgesellschaft von Djugu. „Sie greifen jeden an. Es ist kein tribaler Krieg mehr wie früher.“

„Es sind Jungs von hier“

„Die Rebellen sind sehr mobil und bewegen sich in kleinen Gruppen“, sagt Armeesprecher Jules Ngongo. „Die Armee tut, was sie kann, um sie einzukesseln, und wir werden sie neutralisieren. Wir brauchen die Unterstützung der Bevölkerung. Die muss verraten, wo sie sind, denn es sind Jungs von hier und keine Fremden.“

Genau der Umstand, dass die Codeco-Kämpfer aus der lokalen Bevölkerung kommen, führt dazu, dass der Armee regelmäßig vorgeworfen wird, ebenfalls Zivilisten anzugreifen. Zuletzt wurde ein Admiral in der Hafenstadt Kasenyi beschuldigt, Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung angeordnet zu haben.

Die Codeco ist an sich keine neue Gruppierung, wie schon ihr Name verrät. „Sie entstand etwa 1981“, erläutert Lipri Bazonga, ein Lehrer in der Stadt Mahagi. „Damals sprach man von einer Kooperative zur Entwicklung von Zaire. Es war keine Rebellion, sondern eine Spargemeinschaft der Bauern. Dann, als 1999 der Krieg in Ituri ausbrach, verwandelte ihr damaliger Chef Bwana Dawa sie in eine Miliz, um gegen die Hema zu kämpfen. Und jetzt sind sie wiederaufgetaucht.“

Als Chef der Codeco präsentierte sich ursprünglich ein Justin Ngudjolo. Am 25. März verkündete die Armee, ihn getötet zu haben, aber die Gewalt ging weiter.

Im Mai stellte sich ein Songa Mbele, der sich als Ngudjolos Stellvertreter präsentierte und seine Kameraden aufrief, den Kampf einzustellen. Nach einigen Tagen in Bunia verschwand er und man hat nichts mehr von ihm gehört.

Machtkampf um die Führung der Provinz

Die Codeco-Milizionäre sind auch in Ituris Goldminen aktiv. „Sie sind überall, man sieht sie in Mongbwalu und anderswo“, sagt Mumbere Kalikene, der ein Hilfswerk für Vertriebene in Bunia leitet. „Ich glaube, dass lokale Geschäftsleute mit ihnen Business treiben.“

Die Zunahme der Gewalt geht einher mit einer politischen Krise. Im November 2019 hatte Ituris Provinzparlament den Provinzgouverneur Jean Bamanisa abgesetzt; erst im Februar wurde er von der Justiz rehabilitiert. Grund für die Absetzung war der undurchsichtige Verkauf von zwölf beschlagnahmten Goldbarren durch die Provinzregierung.

Der Machtkampf zwischen Gouverneur und Abgeordneten dauert bis heute an. „Das verhindert, dass die Provinz sich stabilisiert und Unruhestifter profitieren davon“, sagt Jacques Miruwo, ein Würdenträger von Bunia.

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